Rz. 151
Werden die von Todes wegen erworbenen Gesellschaftsrechte an die Gesellschaft selbst abgetreten, ist – eine unter dem gemeinen Wert liegende Abfindung vorausgesetzt – die Gesellschaft selbst als Erwerberin anzusehen. Die Zwangsabtretung führt in diesem Fall nicht zum Untergang der Anteile; diese bestehen vielmehr in der Hand der Kapitalgesellschaft fort.
Rz. 152
Wer bei Zwangsabtretungen an (alle oder einzelne) Mitgesellschafter oder an Dritte als Erwerber im erbschaftsteuerrechtlichen Sinne anzusehen ist, hängt im Wesentlichen davon ab, auf welche Weise die Entscheidung über die Identität des Abtretungsempfängers getroffen wird.
Rz. 153
Überlässt die gesellschaftsvertragliche Regelung die letztendliche Entscheidung der Gesellschaft (oder auch der Gesellschafterversammlung), kann als Erwerberin i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG jedenfalls die Gesellschaft selbst anzusehen sein. Dies gilt auch dann, wenn der Anteil durch Abkürzung des Leistungsweges unmittelbar von dem erbrechtlichen Erwerber an den neuen Gesellschafter abgetreten wird. Denn auch hier erwirbt zunächst die Gesellschaft selbst den Anteil, um ihn hernach an den neuen Gesellschafter weiterzugeben. Ob es sich bei dem neuen Gesellschafter um einen fremden Dritten oder um eine auch schon zuvor an der Gesellschaft beteiligte Person handelt, spielt keine Rolle. Anders ist die Situation zu bewerten, wenn der Gesellschaft bzw. der Gesellschafterversammlung von vornherein nur ein Bestimmungsrecht i.S.v. § 317 BGB zusteht, ein Zwischenerwerb durch die Gesellschaft aber ausgeschlossen ist.
Rz. 154
Soweit – wie regelmäßig – der den Anteil erwerbende neue Gesellschafter ein unter dem gemeinen Wert liegendes Entgelt zu leisten hat, ist natürlich auch er steuerpflichtig bereichert, und zwar gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Weder § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG noch § 7 Abs. 7 ErbStG finden auf den neuen Gesellschafter Anwendung, da beide Vorschriften grds. einen Übergang von Gesellschaftsanteilen auf die Gesellschaft selbst oder auf Mitgesellschafter voraussetzen. Diese Bedingung ist bei einer Abtretung von der Gesellschaft an den Eintretenden nicht erfüllt.
Rz. 155
Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Erwerber bzw. der Empfänger der Zwangsabtretung bereits gesellschaftsvertraglich vorgegeben ist. In dieser Situation wird es sich bei ihm zumeist um einen Mitgesellschafter handeln, so dass sich die Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG richtet; es liegt dann eine unmittelbare Zuwendung vom Erblasser an den Anteilserwerber vor.
Rz. 156
Soweit die Zwangsabtretung eines GmbH-Geschäftsanteils an einen oder mehrere Mitgesellschafter im Gesellschaftsvertrag (oder in der letztwilligen Verfügung des Erblassers) bereits definitiv angelegt ist, kommt auch eine Steuerpflicht nach § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG in Betracht. Denn in Fällen der beschriebenen Art handelt es sich um Zwangsabtretungen i.S.v. § 10 Abs. 10 S. 2 ErbStG. Da § 10 Abs. 10 ErbStG sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach der entsprechenden Gesetzesbegründung allein die Fälle im Blick hat, in denen die Abtretung (oder Einziehung) gesellschaftsvertraglich bereits zwingend vorgegeben ist, beschränkt sich auch der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG auf diese Fälle.
Rz. 157
Ist die Einziehung in einer GmbH-Satzung bereits – und sei es auch nur für bestimmte Erben – fest vereinbart, besteht auch eine Steuerpflicht nach § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG. Denn auch Fälle dieser Art fallen unter § 10 Abs. 10 S. 2 ErbStG und werden daher – zusätzlich zu § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG – von § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG erfasst.
Rz. 158
In den – praktisch wohl eher seltenen – Fällen der Benennung eines Nicht-Gesellschafters greift die Sonderregelung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG nicht. In Betracht käme hier jedoch ein steuerpflichtiger Erwerb gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG (Schenkung auf den Todesfall) oder, soweit es sich bei dem Erwerber um einen Miterben handelt, ein Erwerb durch Erbanfall, § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Rz. 159
Die Frage, ob und inwieweit die Verschonungsregelungen der §§ 13a ff. ErbStG in Betracht kommen, hängt – neben der Erreichung der Mindestbeteiligungsquote – in erster Linie davon ab, was bei Durchführung der einzelnen Einziehungs- bzw. Abtretungsklauseln im erbschaftsteuerrechtlichen Sinne Erwerbsgegenstand ist und in welchem Verhältnis (Erblasser/Gesellschaft; Erblasser/Mitgesellschafter; Erblasser/Dritter; Gesellschaft/Dritter) sich dieser Erwerb vollzieht.
Rz. 160
Denn eine Anwendung der Verschonungsnormen setzt gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG voraus, dass "Anteile an Kapitalgesellschaften" übergehen. Demzufolge kommt eine Verschonung bei einer bloßen Anteilseinziehung von vornherein nicht in Betracht, da der auf die Erben übergegangene Anteil durch die Einziehung untergeht, so dass die Grundvoraussetzung von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG (Anteil an Kapitalgesellschaft) nicht erfüllt werden kann.
Rz. 161
Gehen die von Todes wegen erworbenen Kapi...