a) Abfindungsfälle
Rz. 45
§ 13a Abs. 5 S. 2 ErbStG ist ausdrücklich nur auf die Weitergabe begünstigten Vermögens an Miterben anwendbar. Somit kann insb. die Befriedigung von Pflichtteilsansprüchen eines enterbten Pflichtteilsberechtigten durch Weitergabe begünstigten Vermögens nicht in den Anwendungsbereich von § 13a Abs. 5 S. 2 ErbStG fallen. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung auch dann, wenn begünstigtes Vermögen einem Pflichtteilsberechtigten als Abfindung für seinen Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsrechts weitergegeben wird. In beiden Fällen sollte die Weitergabe des begünstigten Vermögens für den Erben zu einem Nachsteuertatbestand (§ 13a Abs. 6 Nr. 1 S. 2 ErbStG) führen, der sich jedoch im Ergebnis nicht in einer zusätzlichen Steuerlast auswirkt, da der Erbe dem Verkehrswertansatz des begünstigten Vermögens (nach Entfall sämtlicher Verschonungen) die ebenfalls mit dem Verkehrswert anzusetzende Nachlassverbindlichkeit gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten bzw. entsprechend hohe Erwerbskosten gegenüberstellen kann.
Tatsächlich sollte aber in den Fällen, in denen begünstigtes Vermögen als Abfindung für den Verzicht auf die Geltendmachung erbrechtlicher Ansprüche (insb. § 3 Abs. 2 Nr. 4 und 5 ErbStG) oder als Entgelt für die Übertragung eines Nacherbenanwartschaftsrechts (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG) weiterübertragen wird, kein Behaltensfristverstoß anzunehmen sein. Denn die genannten Abfindungserwerbe gelten nach den entsprechenden gesetzlichen Regelungen (fiktiv) als vom Erblasser (unmittelbar) erworben. Das muss zur Folge haben, dass der Erbe, auf den das entsprechende Vermögen zivilrechtlich übergegangen ist, steuerlich so behandelt wird, als habe er es nie erworben. Die Verschonungsregelungen sind daher auf ihn von vornherein nicht anwendbar (so dass auch keine Behaltensfrist läuft).
Rz. 46
Spiegelbildlich ist der Erwerb des jeweiligen Abfindungsempfängers grundsätzlich begünstigungsfähig.
Im Hinblick darauf, dass gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 bzw. 5 ErbStG die Abfindung als vom Erblasser zugewendet gilt, ist der Umstand, dass sie zivilrechtlich betrachtet vom Erben erlangt wird, im Ergebnis unbeachtlich. Die grundsätzliche Forderung der Finanzverwaltung, dass der Erblasser selbst von ihm stammendes begünstigtes Vermögen dem Erwerber zugewiesen haben müsse, passt mit der Gesetzessystematik (insb. § 13a Abs. 5 ErbStG) insoweit nicht zusammen und steht der Anwendbarkeit der Verschonungsregeln jedenfalls bei den in R E 13b.1 Abs. 1 S. 4 ErbStR 2019 genannten Fällen ausdrücklich nicht entgegen. Die Vorgabe, dass die Eigenschaft als Betriebsvermögen oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen schon beim Erblasser vorhanden sein und von diesem unmittelbar auf den Erwerber übergehen müsse, sollte aufgrund der gesetzlichen Fiktion, dass die Abfindung als unmittelbar vom Erblasser erworben gilt, erfüllt sein. Jedenfalls im Hinblick auf Erwerbe nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG hat auch die Finanzverwaltung diesbezüglich offenbar keine Zweifel.
b) Herausgabeansprüche
Rz. 47
Gleiches gilt für solche Fälle, in denen Herausgabeansprüche nach § 2329 Abs. 2 BGB oder nach §§ 2287, 2288 Abs. 2 BGB bestehen. Denn sowohl der Pflichtteilsergänzungsberechtigte als auch der beeinträchtigte Vertragserbe bzw. Vermächtnisnehmer haben hier dingliche Herausgabeansprüche auf die jeweils betroffenen Gegenstände. Soweit es sich hierbei um begünstigtes Vermögen handelt, gilt es erbschaftsteuerrechtlich als vom Erblasser erworben, so dass die Begünstigungen auch in diesen Fällen unmittelbar und ohne Rückgriff auf § 13a Abs. 5 ErbStG anwendbar sind.
c) Kaufrechtsvermächtnis
Rz. 48
Nach dem Normzweck, die Unternehmensnachfolge steuerlich zu begünstigen, sollte auch die Einräumung eines Kaufrechtsvermächtnisses im Ergebnis den Anwendungsbereich der Begünstigungsnormen eröffnen. Zwar lässt sich nicht leugnen, dass Gegenstand des Kaufrechtsvermächtnisses gerade nicht unmittelbar begünstigtes Vermögen ist, sondern lediglich eine Forderung, die auf den Erwerb dieses Vermögens vom Erben bzw. der Erbengemeinschaft gerichtet ist. Nichtsdestotrotz vermittelt es dem Vermächtnisnehmer einen Anspruch auf den Erhalt des begünstigten Vermögens, so dass dieser im Ergebnis auf der Einräumung eines Rechts durch den Erblasser beruht. Mithin muss der aufgrund des Vermächtnisses unentgeltlich erworbene Teil des begünstigten Vermögens (i.S.v. § 13b Abs. 2 ErbStG) verschont werden können. Soweit (gerade beim Kaufrechtsv...