Rz. 5
Die Ermäßigung greift nur, wenn dasselbe Vermögen mehrfach mit einer Steuer nach dem ErbStG belastet wird. Vermögen heißt nicht, dass alle Vermögensgegenstände identisch sein müssen, vielmehr handelt es sich bei "Vermögen" um ein nicht weiter auflösbares Bündel von Rechten und Pflichten. Nach allgemeiner Auffassung und Rechtsprechung sind hier großzügige Maßstäbe anzulegen. Die Vermögensidentität ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Demnach fallen auch Surrogate, z.B. Verkaufserlöse für ererbte Wertpapiere, darunter. Bei Beteiligungen sind die aus einer Umwandlung hervorgegangenen geänderten Beteiligungen oder auch daraus erlangte Abfindungen noch "gleiches" Vermögen.
Beispiel
Der Steuerpflichtige X betreibt gemeinsam mit seinem Vater eine Personengesellschaft, an deren Kapital von 8 Mio. EUR beide Gesellschafter im Verhältnis 1 (Sohn) : 7 (Vater) beteiligt waren. Mit dem Tode des Vaters fiel dem X als Alleinerben der Anteil des Vaters in Höhe von 7 Mio. EUR zu. Vier Jahre später erhielt nach dem Tod des X sein Sohn als Vermächtnis einen Anteil an dem Unternehmen in Höhe von 1 Mio. EUR. Der Wert des Unternehmens war bis zu diesem Zeitpunkt auf 10 Mio. EUR gestiegen.
Lösung
Im Beispielsfall ist der vermachte Betrag von 1 Mio. EUR zunächst um die Wertsteigerung (1/5) zu kürzen. Der verbleibende Betrag von 800.000 EUR ist dann um den Vomhundertsatz, der dem Anteil des X an dem ursprünglichen Vermögen der Personengesellschaft entsprach (⅛), zu mindern. Als begünstigtes Vermögen i.S.d. § 27 ErbStG verbliebe demnach ein Betrag von 700.000 EUR.
Rz. 6
Herauszurechnen sind Wertsteigerungen, nachträglich erworbene Wirtschaftsgüter – die keine Surrogate sind – und anderes unbelastetes Vermögen zwischen den beiden Erwerben. Wertsteigerungen sind m.E. auch höhere Steuerwerte für einen Vermögensgegenstand aufgrund neuer Bewertungsvorschriften. Ist zwischen den beiden Erwerben eine Wertminderung eingetreten, darf nur der geminderte Wert im Zeitpunkt des Nacherwerbs in die Ermäßigung einbezogen werden. Die Wertsteigerungen des begünstigten Vermögens sind unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer Doppelbelastung (ggf. im Schätzungswege) zu ermitteln. Letztlich kann zumeist nicht mehr genau festgestellt werden, ob und in welchem Umfang beim zweiten Erwerb eigenes Vermögen des Erblassers oder ererbtes Vermögen übergegangen ist. Grundsätzlich ist dafür der Steuerpflichtige beweispflichtig. Dieser im Zweifelsfall schwierig oder nie zu erbringende Nachweis soll aber nicht ausschließlich dem Steuerpflichtigen zum Nachteil gereichen, d.h. es kann auch nach vorhandenen Unterlagen, z.B. der Erbschaftsteuererklärung, dem Nachlassverzeichnis etc. geschätzt werden.
Ist zwischen den beiden Erwerben eine Wertminderung eingetreten, darf nur der geminderte Wert im Zeitpunkt des Nacherwerbs in die Ermäßigung mit einbezogen werden.