Rz. 60
Bereicherung des Bedachten und Entreicherung des Zuwendenden müssen nicht deckungsgleich sein. Ausreichend ist nach dem Gesetzeswortlaut, wenn die Bereicherung auf Kosten des Zuwendenden erfolgt. Der Bereicherungsgegenstand muss daher nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Zuwendenden stammen (keine Stoffgleichheit).
Rz. 61
Die Entreicherung kann auf einer rechtsgeschäftlichen oder einer tatsächlichen Handlung beruhen. Voraussetzung ist, dass ein Vermögensbestandteil hingegeben wird. Es genügt die Hingabe eines nahezu wertlosen Gegenstandes, wie z.B. einer wertlosen Forderung. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese in der Hand des Bedachten wieder an Wert gewinnt.
Rz. 62
An einer Entreicherung fehlt es außerdem, wenn die Vermögensminderung durch einen mit der Hingabe des Vermögens verbundenen Vermögensvorteil ausgeglichen wird. Bloße Erwartungen des Zuwendenden genügen als Vermögensvorteil jedoch nicht. Dementsprechend liegt in der Hingabe von Schmiergeld oder von Leistungen an Geschäftspartner (z.B. Incentive-Reisen), für die sich der Zuwendende künftig Aufträge oder die Verbesserung der geschäftlichen Beziehungen verspricht, kein Vermögensvorteil, der eine Entreicherung ausschließen würde.
a) Forderungsverzicht
Rz. 63
Der Verzicht auf bloße Erwerbsaussichten, wie das potentielle Pflichtteilsrecht des gesetzlichen Erben zu Lebzeiten des Erblassers oder die erwartete Zugewinnausgleichsforderung vor Beendigung der Zugewinngemeinschaft, die mangels Konkretisierung noch keinen Vermögensbestandteil bilden, führt daher – mangels Vermögensminderung – nicht zu einer Entreicherung. Gleiches gilt für ein Anwartschaftsrecht, dessen Erstarkung zum Vollrecht noch von einer ungewissen Bedingung abhängt (§ 517 BGB). Verzichtet demgegenüber ein Ehegatte vor Eingehung der Ehe auf eine möglicherweise künftig entstehende Zugewinnausgleichsforderung gegen Zahlung einer Pauschalabfindung, erfüllt diese Zahlung den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Rz. 64
Bei dem Verzicht auf eine Forderung mit Besserungsschein zum Zwecke der Sanierung eines Unternehmens, steht der Forderungsverlust unter einer auflösenden Bedingung in Form der Besserungsabrede (§ 158 Abs. 2 BGB). Die Entreicherung wird durch die zukünftige Ertragserwartung ausgeglichen. Es kommt im Ergebnis nicht zu einem Vermögensverlust, sondern lediglich einer Vermögensumschichtung von uneinbringbaren Werten gegen Erwerbsaussichten. Wendet der Zuwendende dem Bedachten eine Forderung mit Besserungsabrede unentgeltlich zu (Schenkung der mit einer Besserungsabrede behafteten Forderung), ist erst dann eine Schenkung zu bejahen, wenn die Bedingung eintritt und die Forderung in den Händen des Bedachten wieder werthaltig wird. Denn bis zu diesem Zeitpunkt ist der Erwerb mit der Übertragung eines Anwartschaftsrechts vergleichbar, der erst bei Bedingungseintritt zu einer Entreicherung beim Zuwendenden führt. Unerheblich ist dabei, wie die Besserungsabrede zivilrechtlich einzustufen ist.
b) Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft
Rz. 65
Keine Entreicherung liegt vor, wenn die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft der Gesellschaft Zuschüsse entsprechend ihren Beteiligungsverhältnissen gewähren. Denn durch die Zuschüsse erhöht sich zugleich mittelbar der jeweilige Anteilswert. Diese Wertsteigerung des Geschäftsanteils beinhaltet einen Vorteilsausgleich, der ...