Rz. 6
Für die Berechnung der Jahressteuer gesteht die Finanzverwaltung dem begünstigten Empfänger ein Wahlrecht zu, ob er die Steuer im Wege der sog. Aufzehrungsmethode oder der sog. Kürzungsmethode berechnen will. Im Regelfall findet die Aufzehrungsmethode Anwendung, auf Antrag des Begünstigten auch die Kürzungsmethode. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Methoden liegt in der abweichenden Berücksichtigung der persönlichen Freibeträge i.S.d. §§ 16, 17 ErbStG.
a) Aufzehrungsmethode
Rz. 7
Bei der Aufzehrungsmethode wird von der Erhebung der Jahressteuer so lange abgesehen, bis die persönlichen Freibeträge durch Verrechnung mit den Jahreswerten aufgezehrt sind. Die Freibeträge sind als erstes von dem Vermögen in Abzug zu bringen, das einer Sofortbesteuerung unterliegt. Lediglich der (Rest-)Freibetrag ist mit den Jahreswerten zu verrechnen. Die vorrangige Verrechnung mit den sofort fälligen Steuern ist für den Steuerpflichtigen günstig, da sich die Freibeträge sofort und nicht erst verzögert über die Jahreswerte der nachfolgenden Jahre auswirken. Wenn das der sofortigen Versteuerung unterfallende übrige Vermögen die Höhe der Freibeträge nicht erreicht, wird der Rest-Freibetrag bei der Jahressteuer berücksichtigt:
Beispiel
Erblasser A wendet seinem im Zeitpunkt des Todes 14 Jahre alten Sohn B im Jahr 2009 eine steuerpflichtige lebenslange Leibrente mit einem Jahreswert von 30.000 EUR sowie Barvermögen im Wert von 320.000 EUR zu. B beantragt für die Rente die Jahresversteuerung.
1. Bestimmung Jahreswert
laut Sachverhalt: |
30.000 EUR |
2. Bestimmung Steuersatz
Kapitalwert der Rente
(§ 14 Abs. 1 BewG i.V.m. BMF v. 20.1.2009)
30.000 EUR x 18,054 |
541.620 EUR |
zzgl. Barvermögen |
320.000 EUR |
Wert des Erwerbs |
861.620 EUR |
abzgl. Freibetrag, § 16 ErbStG |
400.000 EUR |
abzgl. Freibetrag, § 17 ErbStG |
30.700 EUR |
steuerpflichtiger Erwerb |
430.920 EUR |
abgerundet |
430.900 EUR |
Steuersatz 15 %
Sofortsteuer:
Barvermögen |
320.000 EUR |
abzgl. Freibeträge §§ 16, 17 ErbStG |
430.700 EUR |
verbleiben |
– 110.700 EUR |
sofort fällige Steuer |
0 EUR |
3. Berechnung der Jahressteuer
15 % von 30.000 EUR |
4.500 EUR |
Für die ersten drei Jahre (3 x 30.000 EUR) ist die Jahressteuer aufgrund des verbleibenden Freibetrages (110.700 EUR) nicht zu erheben. Im vierten Jahr fällt eine anteilige Jahressteuer an:
Jahreswert |
30.000 EUR |
abzgl. anteiliger Restfreibetrag |
20.700 EUR |
verbleiben |
9.300 EUR |
Steuersatz 15 % |
|
Jahressteuer im 4. Jahr |
372 EUR |
Ab dem fünften Jahr ist die Jahressteuer in voller Höhe (jeweils 4.500 EUR) zur Zahlung fällig.
b) Kürzungsmethode
Rz. 8
Bei der Kürzungsmethode führen die verbleibenden persönlichen Freibeträge dagegen anteilig über die gesamte Laufzeit des Rechtes zu einer anteiligen Reduzierung der Steuer auf die Jahreswerte. Wird neben der wiederkehrenden Leistung noch weiteres Vermögen erworben gilt: Zur Ermittlung der Kürzungsquote ist der nach Abzug der Beträge, die der Sofortbesteuerung unterliegen, verbleibende (Rest-)Freibetrag in das Verhältnis zum Kapitalwert des erworbenen Rechtes zu setzen. Formel:
(Verbleibender Freibetrag : Kapitalwert des Rechtes) x 100 = Kürzungsquote in %
Beispiel
Übertragen auf den vorgenannten Beispielsfall (siehe Rdn 7) wirkt sich dies wie folgt aus: Die Berechnung nach den Ziffern 1.–2. ist identisch zur Aufzehrungsmethode. Erst bei der Berechnung der Jahressteuer gemäß Ziffer 3 ergeben sich Unterschiede:
3. Berechnung der Jahressteuer
15 % von 30.000 EUR |
4.500 EUR |
verbleibender Freibetrag: |
110.700 EUR |
Verhältnis Freibetrag zu Kapitalwert:
110.700 EUR : 541.620 EUR X 100 = 20,44 %
Kürzung des Jahreswertes: |
30.000 EUR |
20,44 % von 30.000 EUR = |
6.132 EUR |
verbleiben |
23.869 EUR |
Steuersatz 15 %
Jahressteuer auf den verminderten Jahreswert:
15 % von 23.869 EUR = |
3.580 EUR |
Diese Steuer (3.580 EUR) ist ab dem ersten Jahr über die gesamte Laufzeit des Rechtes zu zahlen.
Rz. 9
Entsprechend den Freibeträgen ist bei der fiktiven steuerfreien Ausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG zu verfahren. Eine Besteuerung findet in diesen Fällen erst statt, wenn auch die fiktive Zugewinnausgleichsforderung verbraucht ist.
Rz. 10
Hat der begünstigte Empfänger innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Rechtserwerb bereits Vermögen schenkweise erworben, wird der Rentenerwerb mit diesen Vorerwerben nach § 14 ErbStG zusammengerechnet. Dadurch wirkt sich der Vorerwerb auch auf die Höhe des Steuersatzes für die Berechnung der Jahressteuer nach § 23 Abs. 1 S. 2 ErbStG aus. Nach Ansicht der Finanzverwaltung, die auch nach der Reform zum 1.1.2009 weiterhin Gültigkeit beansprucht, wird der Steuersatz nicht unmittelbar aus der Tabelle des § 19 ErbStG entnommen, sondern ergibt sich aus dem Verhältnis der auf den Rentenerwerb entfallenden Steuer zum Kapitalwert des Rentenerwerbs. Eine Steuerfestsetzung erfolgt nur auf den Rentenerwerb als Nacherwerb und zwar auch ...