a) Wertabschlag
Rz. 375
Der Wertabschlag greift vor Anwendung der (sonstigen) Verschonungsregelungen ein und kann auch zur Unterschreitung des Schwellenwerts für Großerwerbe (§ 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG) führen.
Der Vorwegabschlag ist auch zu berücksichtigen, wenn aufgrund entsprechender Optionsausübung die Vollverschonung eingreift.
Die Höhe des Abschlags entspricht gemäß § 13a Abs. 9 S. 3 ErbStG der im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung vorgesehenen prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) des Anteils. Allerdings kann der Abschlag nie mehr als 30 % betragen.
Im Übrigen kommt eine Anwendung des Wertabschlags stets nur in Fällen der steuerpflichtigen (und begünstigten) Übertragung von Gesellschaftsanteilen in Betracht, da nur (bereits seit wenigstens zwei Jahren bestehende) Familiengesellschaften die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen können. Im Fall der Aufnahme eines weiteren Unternehmers in ein bestehendes Einzelunternehmen wird zwar eine Gesellschaft begründet, diese hat im maßgeblichen Zeitpunkt aber als solche noch nicht bestanden.
Rz. 376
Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen des § 13a Abs. 9 ErbStG nur für einen Teil des begünstigten Vermögens vor, ist der Abschlag nur für diesen Teil zu gewähren (§ 13a Abs. 9 S. 2 ErbStG). Gemeint ist insoweit vor allem die bei Personengesellschaften schon angesprochene Unterscheidung zwischen Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen. Zwar wird beides vom Mitunternehmeranteil umfasst, dennoch betreffen gesellschaftsvertragliche Restriktionen regelmäßig nur das Gesamthandsvermögen (vgl. Rdn 361 betreffend die Entnahmebeschränkungen). Daher bezieht sich der Wertabschlag bei Mitunternehmerschaften grundsätzlich nur auf den Wert des Gesamthandsvermögens.
Rz. 377
Je nach Formulierung der Abfindungsbeschränkung im konkreten Vertrag können sich hier durchaus Abgrenzungs- und/oder Beweis-Probleme ergeben. Denn gerade bei der Bezugnahme auf Buchwerte oder bestimmte Bewertungsverfahren (z.B. Multiplikatorverfahren) ist die Abweichung vom gemeinen Wert i.S.v. § 9 BewG nicht unbedingt auf den ersten Blick zu erkennen. In diesen Fällen erfordert die Umsetzung der gesetzlichen Regelung daher eine Vergleichsberechnung unter Zugrundelegung des gemeinen Werts auf der einen und des Klausel-Werts auf der anderen Seite.
Rz. 378
Verschärft wird die Problematik dadurch, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Erwerber die objektive Feststellungslast hinsichtlich des Umfangs, in dem die gesellschaftsvertraglich oder satzungsmäßig festgelegte Abfindung den gemeinen Wert der Beteiligung des Anteils unterschreitet, trägt.
Rz. 379
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es aus der Sicht der von vereinbarten Abfindungsbeschränkungen profitierenden (in der Gesellschaft verbleibenden) Mitgesellschaftern beim tatsächlichen Eingreifen einer Abfindungsklausel zu steuerpflichtigen Erwerben nach § 7 Abs. 7 ErbStG kommen kann.
Rz. 380
Die Anwendung des Vorwegabschlags führt dazu, dass das begünstige Vermögen teilweise einer Steuerbefreiung unterliegt. Vor diesem Hintergrund liegt dann ein Fall von § 10 Abs. 6 S. 3 ErbStG vor. Insoweit regelt § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG, dass die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem begünstigten Vermögen stehenden Schulden nur anteilig abgezogen werden dürfen, nämlich nur entsprechend dem Verhältnis, das dem Wert vor Anwendung von § 13a Abs. 9 ErbStG zu dem der tatsächlichen Besteuerung unterliegenden Wert nach Anwendung von § 13a Abs. 9 ErbStG entspricht.
Diese Abzugsbeschränkung gilt auch dann, wenn die Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28a ErbStG) Anwendung findet, oder in Fällen der Stundung nach § 28 Abs. 1 ErbStG.
b) Nachlaufende Verpflichtungen und Sanktionsmechanismus
Rz. 381
Wird der Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der entsprechenden Regelungen innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung geändert, so dass die Voraussetzungen von § 13a Abs. 9 S. 1 ErbStG nicht mehr erfüllt sind, oder entsprechen die tatsächlichen Verhältnisse innerhalb dieses Zeitraums nicht mehr den gesellschaft...