a) Anteilsveräußerungen, Abs. 6 S. 1 Nr. 4 (und gleichgestellte Vorgänge)
aa) Veräußerungsfälle
Rz. 252
Die Behaltensregelungen für Anteile an Kapitalgesellschaften sind in § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG geregelt. Auch hier ist – wie bei Betriebsvermögen bzw. Mitunternehmeranteilen – die Veräußerung schädlich; als Veräußerung gilt gem. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 S. 1 ErbStG auch die verdeckte Einlage der Anteile in eine (andere Kapitalgesellschaft). Schädlich ist auch die teilweise Veräußerung bzw. verdeckte Einlage von Kapitalgesellschaftsanteilen.
Rz. 253
Der Veräußerungsbegriff ist an den des § 17 EStG angelehnt. Grundsätzlich liegt daher eine Veräußerung vor, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft von einer Person auf eine andere gegen Entgelt übertragen werden und die ausgetauschten Leistungen nach kaufmännischen Grundsätzen gegeneinander abgewogen sind. Da § 17 EStG die Veräußerung im Privatvermögen gehaltener Anteile gewerblichen Veräußerungsgeschäften gleichstellt und den entsprechenden Gewinn den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuschlägt, sind die zu den Veräußerungstatbeständen des § 16 EStG entwickelten Grundsätze im Wesentlichen übertragbar.
Rz. 254
Veräußerungen treten zumeist in der Erscheinungsform der Anteilsabtretung auf der Grundlage eines entgeltlichen Geschäfts, also eines Kauf- oder Tauschvertrages auf. Die Person des Erwerbers spielt prinzipiell keine Rolle. Daher liegt ein Fall von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG auch dann vor, wenn einer der Poolbeteiligten seine begünstigt erworbenen Anteile an einen anderen Poolbeteiligten (also entsprechend den Vorgaben in § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG) überträgt.
Auch die Frage der Angemessenheit der Gegenleistung hat grds. keinen Einfluss auf den entgeltlichen Charakter einer Übertragung. Nichtsdestotrotz wird diskutiert, ob auch bei Vereinbarungen nur symbolischer Entgelte von einer begünstigungsschädlichen Veräußerung ausgegangen werden sollte. Ungeachtet des Umstandes, dass in derartigen Fällen tatsächlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des begünstigten Erwerbers durch die Veräußerung nicht erhöht wird, kann nach der Formulierung des Gesetzes nicht davon ausgegangen werden, dass die Höhe des Entgelts (abgesehen von Schenkungsfällen) Einfluss auf das Entstehen der Nachsteuer hat. Dies gilt umso mehr, als auch im Bereich des betrieblichen Vermögens sogar die Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Nachsteuerfall bildet, obwohl hier ebenfalls eine Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgeschlossen werden kann. Die Behaltensregelung knüpft vielmehr einzig und allein an die Fortführung des begünstigt erworbenen Vermögens durch den Erwerber (bzw. seinen unentgeltlichen Rechtsnachfolger) an. Sanktioniert wird nicht die Gewinnrealisierung, sondern allein die Abgabe der Verantwortung für das erworbene Vermögen bzw. Unternehmen.
Rz. 255
Vor diesem Hintergrund ist auch die Einziehung von Kapitalgesellschaftsanteilen (mit oder ohne Entgelt) begünstigungsschädlich i.S.v. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG. Zwar liegt hier keine Veräußerung vor. Allerdings ist der zivilrechtliche Untergang der Anteile durch die Einziehung i.d.R. mit der Herabsetzung des Nennkapitals verbunden und fällt daher unter § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 S. 2 ErbStG. Da das Einziehungsentgelt dem ausscheidenden Gesellschafter zufließt, kann auch nicht von einer (begünstigungsunschädlichen) nominellen Kapitalherabsetzung die Rede sein.
Rz. 256
Ein Nachsteuerfall tritt ebenfalls (erst recht) ein, wenn die Gesellschaft eigene Anteile erwirbt, die begünstigten Anteile also tatsächlich an die Gesellschaft selbst abgetreten werden. Schließlich bilden auch Fälle der Zwangsabtretung an die Gesellschaft oder an von dieser benannte Dritte – jedenfalls wenn sie gegen Entgelt erfolgen – begünstigungsschädliche Veräußerungen.
Rz. 257
Im Falle teilentgeltlicher Vermögensübertragungen ist der Vorgang in einen vollentgeltlichen und in einen vollunentgeltlichen Teil aufzuspalten. Der entgeltliche Teil ist als Veräußerung i.S.v. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 ErbStG anzusehen und bildet mithin einen Verstoß gegen die Behaltensregelung. Der unentgeltliche Teil ist hingegen unschädlich. Als teilentgeltliche Vermögensübertragungen in diesem Sinne sind insb. die klassischen vorweggenommenen Erbfolgen unter Vereinbarung von Gleichstellungsgeldern oder Abstandszahlungen anzusehen. Die Vermögensübertragung gegen Übernahme von in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den übertragenen Anteilen stehenden Schulden sollte jedoch – obwohl ertragsteuerlich unzweifelhaft wenigstens teilweise eine Veräußerung vorliegt – keinen Verstoß gegen die Behaltensregelung bilden.
Rz. 258
Die Einlage von ursprünglich im Privatvermögen gehaltenen Anteilen in das Betriebsvermögen des (desselben) Steuerpflichtigen stellt keine nach § 17 EStG steuerpflichtige Veräußerung dar; Gleiches gilt für die Einlage in sein Sonderbetriebsvermögen. Allerdings findet bei der Einlage in das Gesamthandsvermögen einer gewerblichen oder gewerbl...