Rz. 42
Investmentfonds sind mitunter börsennotiert. Soweit für sie eine Kursnotierung vorliegt, richtet sich die Bewertung allein hiernach.
Auch wenn Beteiligungen an sog. offenen Investmentfonds keine unmittelbare Beteiligung an einer börsennotierten Kapitalgesellschaft darstellen, sind Investmentfonds verpflichtet, börsentäglich den Rücknahmewert der Anteile zu ermitteln. Vor diesem Hintergrund kann gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 11 Abs. 4 BewG anstelle eines nicht vorhandenen Börsenkurses der Rücknahmepreis zum Bewertungsstichtag zugrunde gelegt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Zweck ein Fonds verfolgt. Die Regelung gilt vielmehr für alle Investmentfonds einschließlich Hedgefonds sowie ausländische und inländische Fonds. Eine zusätzliche Erfassung aufgelaufener und noch nicht ausgeschütteter Erträge ist nicht erforderlich, da sich diese aufgelaufenen Zinsen im Rücknahmepreis niederschlagen; etwas anders gilt nur dann, wenn die Ausschüttung am Stichtag bereits fällig war oder jedenfalls die entsprechende Ausschüttungsperiode am Stichtag beendet war. Auch im Falle einer Schließung des Fonds soll grundsätzlich allein auf den Rücknahmepreis abzustellen sein.
Rücknahmepreis in diesem Sinne ist der Preis, für den ein Anteil von der Investmentgesellschaft bindend zurückgenommen wird. Er ergibt sich aus dem sog. Inventarwert des Anteils, also dem anteiligen Gesamtwert der im Vermögen eines Investmentfonds befindlichen Wertpapiere und Barmittel (einschließlich eventueller Kassenbestände und sonstiger Vermögensgegenstände) abzüglich Verkaufsspesen und Rücknahmekosten (R B 11.1 Abs. 5 S. 3 ErbStR 2019).
Rz. 43
Gibt die Fondsgesellschaft pflichtwidrig die Rücknahmepreise nicht bekannt, müssen diese aus dem Ausgabepreis abgeleitet werden. Dies kann bei Anteilen, die mit einem Ausgabeaufschlag begeben wurden, dadurch erfolgen, dass ein Abschlag auf den Ausgabepreis vorgenommen wird, der dem üblichen Unterschied zwischen Ausgabe- und Rücknahmepreis vergleichbarer Anteile entspricht. Bei nicht notierten Investmentzertifikaten kommen Abschläge von bis zu 10 % in Betracht; im Einzelfall richtet sich die Höhe nach den Verwaltungs- und sonstigen Aufwendungen der Fondsverwaltung. Ein pauschaler Abschlag in Höhe des üblichen Unterschieds zwischen Ausgabe- und Rücknahmepreis vergleichbarer Investmentzertifikate sollte grundsätzlich zulässig sein. Im Zweifel sollte versucht werden, in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband des privaten Bankgewerbes einen zutreffenden Rücknahmepreis zu ermitteln.