Rz. 1
In seinem Beschluss vom 22.6.1995 forderte das BVerfG den Gesetzgeber auf, die verminderte Leistungsfähigkeit des Erwerbers von betrieblich gebundenem Vermögen i.R.d. Erbschaft- bzw. Schenkungbesteuerung in einer Weise zu berücksichtigen, die unabhängig von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Zuwender und Empfänger eine angemessene Entlastung bewirkt. Seit Einführung der Vorschrift zielt diese darauf ab, natürliche Personen, die den Steuerklassen II und III angehören, beim Erwerb begünstigten Vermögens wie Angehörige der Steuerklasse I zu besteuern. Die Voraussetzungen, an die diese Entlastung geknüpft ist, entsprechen inhaltlich seit jeher den Vorgaben des § 13a ErbStG.
Rz. 2
Durch das Haushaltsbegleitgesetz vom 29.12.2003 wurde der Entlastungsbetrag mit Wirkung ab 1.1.2004 auf 88 % der Differenz zwischen der Belastung nach der tatsächlichen Steuerklasse des Erwerbers und der fiktiven Steuerbelastung nach Steuerklasse I begrenzt. Diese pauschale Kappung, durch die auch der seinerzeit gewährte Freibetrag für Betriebsvermögen nach dem damaligen § 13a ErbStG von 250.000 EUR auf 225.000 EUR gekürzt wurde, ist mit dem Erbschaftsteuergesetz 2009 obsolet geworden. Seither gilt wieder die vollständige Entlastung, so dass der Erwerber begünstigten Vermögens im Ergebnis mit dem begünstigten Vermögen keiner höheren Steuerbelastung unterliegt wie ein Erwerber der Steuerklasse I.
Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 wurde § 19a ErbStG in der Fassung des ErbStG 2009 auch auf alle diejenigen (vor dem 1.1.2009 liegenden) Fälle für anwendbar erklärt, in denen der Steuerpflichtige zu Anwendung des ErbStG 2009 optiert hatte.
Im Rahmen der – im Übrigen für die Begünstigungsnormen sehr umfassenden – Änderungen durch das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.11.2016 (im Folgenden ErbStG 2016) ist § 19a ErbStG (was den Wortlaut angeht) praktisch unberührt geblieben. Abgesehen von redaktionellen Anpassungen hat sich gegenüber dem bisherigen Text beinahe nichts geändert. Allerdings ergeben sich aus dem veränderten Verschonungsregime für begünstigte Erwerbe, die einen Wert von 26 Mio. EUR übersteigen, sowie insbesondere aus der neu eingeführten Unterscheidung zwischen begünstigungsfähigem (§ 13b Abs. 1 ErbStG) und begünstigtem Vermögen (§ 13b Abs. 2 ErbStG) deutliche inhaltliche (wenn auch nicht textliche) Änderungen. Denn nach aktuell geltendem Recht bezieht sich das in § 19a ErbStG geregelte Steuerklassenprivileg nur noch auf das tatsächlich begünstigte Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 2 ErbStG. Verwaltungsvermögen (mit Ausnahme des sog. unschädlichen) und junge Finanzmittel sind also stets nach der tatsächlichen Steuerklasse zu versteuern. Eine Anwendung von § 19a ErbStG kommt insoweit von vornherein nicht (mehr) in Betracht.
Zuletzt wurde durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen etc. noch eine Ergänzung in § 19a Abs. 5 ErbStG eingefügt. In Fällen der Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28a Abs. 1 S. 1 ErbStG) gilt demzufolge für alle Erwerbe, für die die Steuer nach dem 14.12.2018 entsteht, die verlängerte Nachsteuerfrist von sieben Jahren.