Rz. 1
Da die Pflicht zur Abgabe einer Erklärung erst durch die Aufforderung der Erbschaftsteuerstelle entsteht, muss die Erbschaftsteuerstelle zunächst in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob ein Besteuerungsverfahren voraussichtlich mit der Festsetzung einer Steuer enden wird. Zur Vorprüfung benötigt die Erbschaftsteuer die Mitteilung, dass ein der Besteuerung unterliegender Vorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 ErbStG stattgefunden hat, wer an ihm beteiligt ist und wie werthaltig der Vorgang gewesen ist. Die in §§ 33, 34 ErbStG genannten Stellen sind von Gesetzes wegen verpflichtet, entsprechende Angaben zu machen, um diese Vorprüfung durchführen zu können. Die Anzeige beendet zwar die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 AO, führt aber zu der im Rahmen des § 170 Abs. 5 S. 2 ErbStG maßgebenden Kenntnis der für die Besteuerung zuständigen Erbschaftsteuerstelle, die als letztmöglicher Zeitpunkt spätestens den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setzt.
Rz. 2
Zur Mitwirkung verpflichtet sind zunächst die mit dem Meldewesen befassten öffentlichen Stellen (Standesämter, Gerichte und Notare), die alle beurkundeten Zeugnisse und Anordnungen offenlegen müssen. Näher ausgeführt wird das Mitteilungsverfahren durch die §§ 4–10 ErbStDV, für die durch das Gesetz zur Reform des Personenstandsrechts zum 1.1.2009 geänderte Formalien eingeführt hat. So ist ab dem 1.1.2009 durch das Standesamt nicht mehr die Durchschrift der Eintragung in das Sterbebuch oder der Durchschrift der Sterbeurkunde, sondern die Sterbeurkunde selbst zu übersenden (§ 4 Abs. 1 ErbStDV). Anstelle des Sterbebuches ist zum 1.1.2009 das Sterberegister eingeführt worden, so dass die Sterbefälle unter Benennung der laufenden Nummer des Sterberegisters mitzuteilen sind (§ 4 Abs. 2, 3 und 4 ErbStDV).
Rz. 3
Durch das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 29.6.2015 wurde die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses in den Katalog der für die Nachlassgerichte anzeigepflichtigen Vorgänge aufgenommen. Dies gilt für Erwerbszeitpunkte nach dem 16.8.2015. Das Europäische Nachlasszeugnis ist in Erwerbsfällen mit Auslandsbezug hilfreich, da der inländische Erbschein nur innerhalb Deutschlands Geltung beansprucht. Antragsberechtigt nach § 37 IntErbRVG sind Erben, dingliche Vermächtnisnehmer, Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker, die bei dem für Nachlasssachen zuständigen Gericht (§ 34 Abs. 4 IntErbRVG) oder der zuständigen Behörde am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers das Europäische Nachlasszeugnis beantragen können. Obgleich der Gesetzgeber mit der Einführung des Europäischen Nachlasszeugnisses durch Kapitel VI der EU-ErbVO und den §§ 33–44 IntErbRVG eine weitergehende Gleichbehandlung mit dem Erbschein beabsichtigte, gibt es – verursacht ggf. durch das am letzten Wohnsitz geltende Recht oder aber durch das insoweit nicht vollständig auf das inländische Recht zugeschnittene Europäische Recht – eine Reihe von Unstimmigkeiten, die einer Klärung bedürfen. Insoweit die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses jedenfalls auf Erwerbsfälle mit Auslandsbezug beschränkt ist, gilt dies für den inländischen Erwerbsnachweis (§ 2353 BGB, §§ 342 ff. FamFG) nicht. Denkbar sind also Divergenzen zwischen zwei divergierenden Erbnachweisen, die sich mitunter durch Hinzunahme des internationalen Güterrechts klären lassen, im Ergebnis aber die Zirkulationsfähigkeit des Nachweises behindern.
Rz. 4
Für die Übermittlung der Anzeige sind die Muster 4, 5 und 6 zur ErbStDV durch die öffentlichen Stellen zu verwenden. Die Mitteilung an die nach § 35 ErbStG zuständige Erbschaftsteuerstelle (Ausnahme: Anzeige der Standesämter an das Finanzamt am Sitz des Standesamtes und der ausländischen Amtspersonen an das Bundesministerium für Finanzen) hat schriftlich zu erfolgen. Obgleich damit grundsätzlich auch ein elektronischer Auskunftsverkehr mit Signatur nach § 87a AO in Betracht kommt, sind elektronische Mitteilungen durch § 7 Abs. 1 S. 2, § 8 Abs. 1 S. 2, § 9 S. 2 und § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStDV ausdrücklich ausgeschlossen. Neuere Entwicklungen auf dem Gebiet des E-Government lassen jedoch erwarten, dass im Rahmen des Projektes "Deutschland-Online" ein elektronischer Auskunftsverkehr auch im Rahmen des § 34 ErbStG angestrebt wird. Im Sinne eines schnellen Datenverkehrs und eines ressourcenschonenden Verfahrens ist dies sicher zu begrüßen, wenngleich die technischen Hürden beträchtlich sind. § 11 ErbStDV hält für diesen Fall schon eine entsprechende Ermächtigung zur Regelung eines automatisierten Anzeigenverfahrens bereit. Für die Finanzverwaltung werden elektronische Meldungen attraktiv, wenn die anzeigenden Stellen die Steueridentifikationsnummer (§ 139b AO) in die Anzeige aufzunehmen haben, wie dies bereits in § 30 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorgesehen ist, und so die automationsgestützte Zuordnung der Anzeige zu dem betreffenden Erwerb erleichtert wird. Mangels der Möglichkeit, die ...