Rz. 25
Das Betriebsvermögen von gewerblichen sowie gewerblich geprägten Personengesellschaften und diesen gleichstehenden Gemeinschaften (§ 97 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 BewG), also von Mitunternehmerschaften im ertragsteuerlichen Sinne, umfasst grundsätzlich sämtliche Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze sowie die Schulden und sonstigen Abzüge, die zum Gesamthandsvermögen gehören. Bei anderen Gesellschaften, z.B. GbRs, ist weitere Voraussetzung, dass die jeweiligen Wirtschaftsgüter dem Betrieb tatsächlich dienen.
Rz. 26
Entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes geht die Finanzverwaltung davon aus, dass auch ein zum Gesamthandsvermögen gehörendes Grundstück dann nicht Betriebsvermögen darstellen könne, wenn es ausschließlich oder fast ausschließlich der privaten Lebensführung eines, mehrerer oder aller Gesellschafter diene. Diese Ansicht ist zwar vor dem Hintergrund der Abgrenzung zwischen Betriebs- und Privatvermögen bei von Einzelunternehmern betriebenen Gewerbebetrieben nachvollziehbar, mit dem Wortlaut des Gesetzes jedoch – wie gesagt – nicht zu vereinbaren. Hieran ändert auch die vom Bewertungsrecht abweichende ertragsteuerliche Sichtweise, die bei dem oder den Gesellschaftern unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Wohnimmobilien von notwendigem Privatvermögen ausgeht, nichts. Offenbar hat die Finanzverwaltung hierbei – auch im Rahmen der Erstellung der Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 – außer Acht gelassen, dass nach den tiefgreifenden Änderungen des Bewertungsrechts durch die Erbschaftsteuerreform 2009 und der – jedenfalls typisierten – Ausnahme des Verwaltungsvermögens von den Verschonungen für Produktivvermögen diese einschränkende Auslegung des Gesetzes eigentlich nicht mehr erforderlich ist.
Rz. 27
Bestehen zwischen der Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern schuldrechtliche Beziehungen, z.B. in Form von Forderungen und Verbindlichkeiten der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft, sind diese in die Bewertung einzubeziehen, soweit sie auch bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören. Dasselbe gilt für Forderungen der Personengesellschaft gegenüber einem Gesellschafter.
Die Finanzverwaltung will dies allerdings auf solche Forderungen einschränken, denen ein entsprechender Schuldposten in einer Sonderbilanz des Betroffenen gegenübersteht. Soweit kein solcher Schuldposten im Sonderbetriebsvermögen vorhanden ist, sollen weder die Forderung im Gesamthandsvermögen noch die Verbindlichkeit des Gesellschafters im Rahmen der Bewertung der Personengesellschaft berücksichtigt werden. Die Nichtberücksichtigung bei der Bewertung des Gesamthandsvermögens ist so nicht nachvollziehbar.
Rz. 28
Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass Forderungen und Schulden zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören, als gesamthänderisch gehaltene Forderungen im Privatvermögen aller Gesellschafter bzw. private Schulden des jeweiligen Gesellschafters zu behandeln seien. Diese Verwaltungsanweisung entspricht – jedenfalls hinsichtlich zum Gesamthandsvermögen gehörender Forderungen und Verbindlichkeiten – nicht dem Wortlaut des Gesetzes. Im Anwendungsbereich des § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG ist die entsprechende Handhabung daher abzulehnen. Der Hinweis auf die BFH-Rechtsprechung, die von einem allen Gesellschaftern anteilig zuzurechnenden gesamthänderisch gebundenen Privatvermögen ausgeht, ist nicht geeignet hieran etwas zu ändern. Das Bewertungsgesetz stellt lediglich für die Frage, ob die jeweilige Personengesellschaft überhaupt einen Gewerbebetrieb unterhält (oder dies fingiert wird), auf die ertragsteuerliche Einordnung ab. Ist diese Frage positiv beantwortet, umfasst das Betriebsvermögen im bewertungsrechtlichen Sinne alle Wirtschaftsgüter, die der Gesellschaft (Gesamthand) gehören (vgl. § 97 Abs. 1 Hs. 1 BewG).
Die soeben dargestellten Grundsätze zur Bestimmung des Umfangs des Betriebsvermögens der Personengesellschaft gelten auch für mehrstöckige Personengesellschaften (§ 95 Abs. 1 S. 1 BewG i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG).