Rz. 208
Leistungen der Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, stellen entweder eine Rückzahlung des gezeichneten Kapitals oder unter Umständen eine (verdeckte) Gewinnausschüttung dar. Dies beinhaltet mittlerweile auch nach Auffassung der Finanzverwaltung keine freigebige Zuwendung der Gesellschaft an die Gesellschafter. Es könnte sich aber um eine unentgeltliche Zuwendung an einen Gesellschafter auf Kosten der übrigen Gesellschafter handeln, wenn eine von der Beteiligungsquote abweichende inkongruente Gewinnausschüttung erfolgt, ohne dass eine Leistung des begünstigten Gesellschafters die abweichende Gewinnverteilung rechtfertigt.
Beispiel
Vater V und Sohn S sind jeweils zu 50 % an der Y-GmbH beteiligt. S erhält ein überhöhtes Gehalt in Höhe von 250.000 EUR. Angemessen wären maximal 200.000 EUR. Der überhöhte Teil von 50.000 EUR ist ertragsteuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten.
Neben der ertragsteuerlichen Erfassung als verdeckte Gewinnausschüttung scheidet nach aktueller Ansicht der Finanzverwaltung eine Schenkung der Y-GmbH an S (50 % von 50.000 EUR) aus.
Rz. 209
Damit hält die Finanzverwaltung erfreulicherweise nicht mehr an ihrer zwischenzeitlich zu Lasten der Steuerpflichtigen verschärften Ansicht fest, bedingt wahrscheinlich durch die Entscheidung des BFH, der mit Urteil vom 30.1.2013 der anders lautenden Auffassung der Finanzverwaltung ebenfalls entgegengetreten war. Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern existieren neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen. Nachdem die Finanzverwaltung zunächst die Nichtanwendbarkeit des Urteils über den Einzelfall hinaus angeordnet hatte, bestätigte der BFH seine Rechtsauffassung ausdrücklich, der sich die Finanzverwaltung nunmehr angeschlossen hat.
Praxistipp: Zur Minimierung eines schenkungsteuerlichen Risikos kommt weiterhin höchst vorsorglich die Aufnahme einer Klausel in den Vertrag über die zu erbringenden Leistungen in Betracht, wonach der Teil der Leistung, die möglicherweise als verdeckte Gewinnausschüttung einzustufen ist, wieder an die Gesellschaft zurückzugewähren ist. Zwar kann auf diese Weise ertragsteuerlich eine einmal verwirklichte verdeckte Gewinnausschüttung nicht wieder rückgängig gemacht werden. In schenkungsteuerlicher Hinsicht lässt sich aber ein eventueller Schenkungsteuertatbestand nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und damit eine steuerliche Doppelbelastung vermeiden.
Rz. 210
Der Verzicht eines Gesellschafters auf einen bereits entstandenen Gewinnanspruch zugunsten eines Mitgesellschafters beinhaltet eine freigebige Zuwendung des Verzichtenden zugunsten des Mitgesellschafters. Offen ist zurzeit noch, wie der Verzicht auf ein Mehrheitsstimmrecht zu werten ist. Es kommt eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 8 ErbStG in Betracht, wenn die Anteile der übrigen Gesellschafter dadurch erhöht werden. Zur alten Rechtslage hat der BFH eine freigebige Zuwendung explizit verneint. Der Zuwachs an Stimmkraft folge aus der Mitgliedschaft selbst, da das Stimmrecht an den Gesellschaftsanteil gebunden und nicht übertragbar ist. Eine rein wirtschaftliche Werterhöhung sei schenkungsteuerrechtlich unbeachtlich. Es ist jedoch mehr als fraglich, ob sich diese Argumentation auf den § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG übertragen lässt, der nach seinem Wortlaut explizit eine Werterhöhung der Gesellschaftsanteile genügen lässt.
Für Zuwendungen zwischen Kapitalgesellschaften vgl. § 7 Abs. 8 S. 2 ErbStG (siehe Rdn 207).