Rz. 99

Das Lohnsummenkriterium (oder auch die Lohnsummenvergleichsberechnung) kommt nur dann zur Anwendung, wenn das übertragene Unternehmen ("der Betrieb") im Besteuerungszeitpunkt (§§ 9 Abs. 1, 11 ErbStG) mehr als fünf Beschäftigte hat (§ 13a Abs. 1 S. 4 ErbStG) und die entsprechenden Beschäftigungsverhältnisse in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem begünstigungsfähige Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 1 ErbStG stehen. Vor diesem Hintergrund kommt der Frage, wie die Zahl der Beschäftigten zu ermitteln ist, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu.

 

Rz. 100

Vorab ist festzuhalten, dass die Betrachtung der Lohnsummenentwicklung nur im Hinblick auf die Beschäftigungsverhältnisse angezeigt ist, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem begünstigungsfähigen Vermögen (§ 13b Abs. 1 ErbStG) stehen. Demzufolge ist zunächst zu prüfen, ob das übertragungsgegenständliche Unternehmen Teile umfasst, die von vornherein nicht begünstigtes Vermögen darstellen. Dies kommt insb. bei prinzipiell von jeglichen Begünstigungen ausgeschlossenen Drittlandsbetriebsstätten von Einzelunternehmen[202] (nicht aber solchen von Kapitalgesellschaften) in Betracht[203] (vgl. Rdn 115 ff.) sowie bei Beteiligungen, die zum jungen Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 S. 2 ErbStG) zählen (und daher nicht zum begünstigten Vermögen zählen).[204]

 

Rz. 101

Eine konkrete Definition des Beschäftigtenbegriffs enthält § 13a ErbStG indes nicht. Es ergeben sich nur aus § 13a Abs. 3 S. 6 ErbStG konkrete Anhaltspunkte, aus denen sich das der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Verständnis ableiten lässt. Denn in die Berechnung der Lohnsumme sind die Vergütungen an sämtliche auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten einzubeziehen.

Außer Ansatz bleiben aber nach der Aufzählung in § 13a Abs. 3 S. 7 ErbStG Vergütungen solcher Arbeitnehmer, die

sich im Mutterschutz befinden (Nr. 1)
sich in einem Ausbildungsverhältnis befinden (Nr. 2)
Krankengeld beziehen (Nr. 3)
Elterngeld beziehen (Nr. 4)
nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind, also Saisonarbeiter (Nr. 5).

Die in § 13a Abs. 3 S. 7 ErbStG genannten Beschäftigten sind auch bei der Bestimmung der Beschäftigtenzahlen i.S.v. § 13a Abs. 3 S. 3 und 4 ErbStG nicht zu berücksichtigen.[205]

 

Rz. 102

Während die in den Nr. 1 bis 4 aufgezählten Beschäftigten allein anhand der gesetzlichen Vorgaben eindeutig bestimmt werden können, ist die Regelung in § 13a Abs. 3 S. 7 Nr. 5 ErbStG auslegungsbedürftig.[206] Zwar sind Saisonarbeiter seit dem ErbStG 2016 ausdrücklich genannt. Es stellt sich aber die Frage, ob diese nicht lediglich einen (typischen) Beispielsfall für Arbeitnehmer, die "nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind", bezeichnet.[207]

Während Saisonarbeiter, wie der Begriff bereits deutlich macht, nur für einen begrenzten Zeitraum (die Saison) im Betrieb beschäftigt sind, ihre Tätigkeit während dieses Zeitraums aber durchaus auch 100 % der tariflichen Wochenarbeitszeit (oder mehr) ausmachen kann,[208] sind die Verhältnisse bei Teilzeitbeschäftigten mitunter umgekehrt. Sie sind zwar über längere Zeiträume im Betrieb beschäftigt, dort allerdings gerade nicht in Vollzeit, sondern nur für einen Teil der üblichen tariflichen Wochenarbeitszeit tätig.

Die Finanzverwaltung geht insoweit davon aus, dass nur die im Gesetz ausdrücklich genannten Saisonarbeiter sowie Leiharbeiter[209] für die Ermittlung der Beschäftigtenzahl (und auch für die Ausgangs- bzw. die Mindestlohnsumme) außer Betracht bleiben, Teilzeitbeschäftigte und sogar geringfügig Beschäftigte (§ 8 SGB IV) aber mitzählen.[210]

 

Rz. 103

Eine Umrechnung in "fiktive Vollzeitbeschäftigte" auf der Grundlage der tatsächlichen Arbeitszeit findet nicht statt.[211] Es wird einfach nach Köpfen gezählt.[212]

Für den Betrieb tätige Freiberufler und Selbstständige zählen nicht als Beschäftigte i.S.v. § 13a Abs. 3 ErbStG. Scheinselbstständige dürften jedoch auch im Rahmen der Erbschaftsteuer als Arbeitnehmer anzusehen sein.

 

Rz. 104

Alles in allem setzt der Beschäftigtenbegriff des § 13a Abs. 3 ErbStG offenbar das Bestehen einer Arbeitnehmereigenschaft voraus, so dass der Unternehmer selbst (wenn er nicht gleichzeitig Angestellter ist) grds. nicht als Beschäftigter i.S.v. § 13a Abs. 3 ErbStG in Betracht kommt. Uneingeschränkt gilt dies aber nur für die Inhaber von Einzelunternehmen sowie für Personengesellschafter.[213] Denn bei Kapitalgesellschaften sind auch Gesellschafter-Geschäftsführer[214] bzw. Vorstände[215] Arbeitnehmer i.S.d. Vorschrift. Die fehlende Weisungsabhängigkeit dürfte dem nicht entgegenstehen. Auf die sozialversicherungsrechtliche Qualifikation als Arbeitnehmer kommt es jedenfalls nicht an.[216]

 

Rz. 105

Zu den Beschäftigten gehören auch im Unternehmen angestellte Familienangehörige oder sonstige nahestehende Personen. Die ertragsteuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses oder der Höhe der vereinbarten Vergütung sind irrelevant.[217] Denn eine Bezugnahme oder auch nur einen Hinweis auf einkommenst...

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