Rz. 207
Als Verstoß gegen die Behaltensbedingung kommt gem. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 ErbStG insb. die Veräußerung sowie die Aufgabe eines Gewerbebetriebes oder eines Teilbetriebes in Betracht. Wegen der bewertungsrechtlichen und erbschaftsteuerrechtlichen Gleichbehandlung des der Ausübung eines freien Berufs dienenden Vermögens mit einem Gewerbebetrieb (vgl. § 96 BewG) gilt dies auch für die Veräußerung bzw. Aufgabe einer freiberuflichen Praxis.
Rz. 208
Eine Veräußerung liegt – entsprechend § 16 EStG – insb. dann vor, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf einen oder mehrere Erwerber übertragen werden und damit die bisher in diesem Betrieb mit den wesentlichen Betriebsgrundlagen entfaltete gewerbliche Betätigung des Veräußerers endet.
Rz. 209
An wen der Steuerpflichtige die wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert, ist grds. ohne Belang. Vor diesem Hintergrund kann eine Veräußerung i.S.v. § 16 EStG auch dann vorliegen, wenn es sich bei dem Erwerber um eine (Schwester-)Personengesellschaft handelt, an der der Veräußernde beteiligt ist. Ob ein solcher Vorgang auch insoweit unter § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 ErbStG fällt, wie die Beteiligung des Veräußernden an der erwerbenden Personengesellschaft reicht, ist nicht geklärt. Im Hinblick auf die grundsätzliche Transparenz der Personengesellschaft sollte eigentlich kein Nachsteuerfall anzunehmen sein. Vielmehr müsste die Einhaltung der Behaltensregelungen für den noch nicht abgelaufenen Rest der Behaltensfrist dann bei der erwerbenden Personengesellschaft zu prüfen sein. Gesichert ist dies aber – wie erwähnt – nicht. Soweit die Beteiligung des Veräußernden an der erwerbenden Personengesellschaft seine frühere Beteiligung am begünstigten Vermögen unterschreitet, liegt jedoch unzweifelhaft von Anfang an ein nachsteuerrelevanter Veräußerungsvorgang vor.
Rz. 210
Gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 Hs. 2 ErbStG gilt als Veräußerung auch die Betriebsaufgabe. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die bisher im Betrieb entfaltete gewerbliche Tätigkeit endgültig eingestellt wird, alle wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit in einem einheitlichen Vorgang veräußert oder in das Privatvermögen überführt bzw. anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden und dadurch der Betrieb als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens aufhört zu bestehen. Die bloße Aufgabe der bisherigen gewerblichen Betätigung stellt i.d.R. noch keine Betriebsaufgabe dar. Vielmehr müssen die wesentlichen Betriebsgrundlagen "betriebsfremden Zwecken" zugeführt werden. Regelmäßig wird eine Betriebsaufgabe sowohl im ertragsteuerlichen als auch im erbschaftsteuerrechtlichen Sinne anzunehmen sein, wenn der Steuerpflichtige die Betriebsaufgabe gegenüber dem Finanzamt erklärt. Dieselben Grundsätze dürften auch bei Freiberuflern anzuwenden sein. Die bloße Umwandlung von begünstigt erworbenem (aktivem) Vermögen in Verwaltungsvermögen führt (noch) nicht zu einem Verstoß gegen die Behaltensregelungen, soweit es sich bei den veräußerten Wirtschaftsgütern nicht um (funktional) wesentliche Betriebsgrundlagen handelt.
Rz. 211
Zu einer ertragsteuerlichen Betriebsaufgabe kann es in Fällen der Betriebsaufspaltung auch durch Wegfall der sachlichen und/oder der personellen Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen kommen. Diese Grundsätze dürften auch im Rahmen von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 ErbStG anwendbar sein.
Rz. 212
Sowohl für die Betriebsveräußerung als auch für die Betriebsaufgabe ist es ausreichend, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert bzw. entnommen werden. Bleiben einzelne Wirtschaftsgüter zurück, die keine wesentlichen Betriebsgrundlagen bilden, hindert dies die Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe nicht.
Rz. 213
Soweit lediglich ein Wechsel der Einkunftsart stattfindet oder ein ursprünglich – einkommensteuerrechtlich – gewerblich tätiger Betrieb sich auf einen Liebhabereibetrieb reduziert, ohne dass wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert oder entnommen werden, führt dies nicht zu einer Betriebsaufgabe und somit auch nicht zur Verwirklichung eines Nachsteuertatbestandes. Vielmehr sind derartige Fälle des sog. Strukturwandels grds. nachsteuerunschädlich. Denn auch ein ruhender Gewerbebetrieb bleibt grds. bis zur Betriebsaufgabeerklärung oder bis zur tatsächlichen Durchführung der Betriebsaufgabe (durch Veräußerung bzw. Entnahme der wesentlichen Betriebsgrundlagen) ein Gewerbebetrieb und damit erbschaftsteuerrechtlich begünstigtes Vermögen.
Rz. 214
Auch die nach der Übertragung erfolgende Verpachtung des Gewerbebetriebes stellt keine Betriebsaufgabe dar, sofern nicht der Verpächter diese ausdrücklich erklärt oder sie sich aus den tatsächlichen Umständen eindeutig ergibt. Eine Betriebsaufgabe scheidet jedenfalls regelmäßig dann aus, wenn dem Verpächter noch die Möglichkeit zur Wiederaufnahme des Betriebes verbleibt. Mangels Veräußerung bzw. Betriebsaufgabe liegt ein V...