Rz. 274

Auch Wertpapiere und vergleichbare Forderungen werden – soweit sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstituts, eines Finanzdienstleistungsinstituts oder eines Versicherungsunternehmens dienen – als Verwaltungsvermögen qualifiziert, § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG.

 

Rz. 275

Wertpapiere i.S.d. Vorschrift sind ausschließlich auf dem Markt gehandelte Wertpapiere i.S.v. § 2 Abs. 1 WpHG.[719]

 

Rz. 276

Der Begriff der vergleichbaren Forderungen war in der Literatur zunächst umstritten, seine Reichweite insgesamt unklar.[720] Die meisten Zweifelsfragen[721] hat die Finanzverwaltung jedoch inzwischen geklärt. Nach ihrer Auffassung sind vergleichbare Forderungen i.S.d. Vorschrift solche, über die keine Urkunden ausgegeben wurden, die nach § 2 Abs. 1 WpHG aber als Wertpapiere gelten.[722]

 

Rz. 277

Weder Wertpapiere noch vergleichbare Forderungen in diesem Sinne sind daher kaufmännische Orderpapiere i.S.d. §§ 363365 HGB, Wechsel und Schecks. Dasselbe gilt auch für andere auf Order lautende Anweisungen und Rektapapiere, auch wenn sie zivilrechtlich dem Wertpapierbegriff zuzuordnen sind.[723]

 

Rz. 278

Orderpapiere sind Wertpapiere, die den aus ihnen Berechtigten namentlich benennen. Das verbriefte Recht kann aber durch Indossament, also eine einseitige schriftliche Erklärung, zu der in der Regel ein sog. Begebungsvertrag (Einigung über den Rechtsübergang) hinzukommen muss, übertragen werden.[724] Als sog. geborene Orderpapiere gelten diejenigen, die durch Gesetz als solche ausgestaltet sind (Scheck, Wechsel, Namensaktie[725]). Daneben gibt es noch die sog. gekorenen Orderpapiere, die nur aufgrund ausdrücklicher Anordnung des jeweiligen Ausstellers im Papier selbst durch Indossament übertragbar sind (sog. Orderklausel). Gekorene Orderpapiere sind zum Beispiel kaufmännische Anweisungen, Konnossement, Ladeschein, Lagerschein. Ohne Orderklausel sind diese Papiere sog. Rektapapiere (Namenspapiere). Solche benennen den Berechtigten namentlich. Nur dieser oder sein Rechtsnachfolger, dem der Nachweis des Übergangs des Rechts obliegt, ist zur Geltendmachung des Anspruchs aus dem jew. Papier befugt.[726] Rektapapiere sind z.B. Hypothekenbriefe, Sparbriefe,[727] Grundschuldbriefe etc.

 

Rz. 279

Aus Sicht der Finanzverwaltung[728] zählen zu den vergleichbaren Forderungen insbesondere Pfandbriefe, Schuldbuchforderungen, Geldmarktfonds und Festgeldfonds. Nicht dazu zählen hingegen Geld, Sichteinlagen, Sparanlagen, Festgeldkonten und alle Arten von Forderungen.[729]

 

Rz. 280

Anteile an Kapitalgesellschaften, auch Aktien, bei denen es sich unzweifelhaft um Wertpapiere i.S.v. § 2 Abs. 1 WpHG handelt, fallen ebenfalls nicht unter § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG; sie sind ausschließlich nach den Regeln betreffend Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 13b Abs. 4 Nr. 2 und 3 ErbStG) zu beurteilen.[730]

[719] R E 13b.22 Abs. 1 S. 2 ErbStR 2019.
[720] Vgl. nur Hannes/Onderka, ZEV 2008, 16, 22; v. Oertzen, Ubg 2008, 59, 64; Scholten/Korezkij, DStR 2009, 147, 150; Schulz/Althof/Markl, BB 2008, 528.
[721] Noch offen z.B. die Einordnung des Letter of Credit, vgl. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rn 323; Lüdicke, DStR 2007, 2292, 2294.
[722] R E 13b.22 Abs. 1 S. 3 ErbStR 2019; vgl. hierzu auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rn 323; Stalleiken, in: v. Oertzen/Loose, ErbStG, § 13b Rn 170 f.
[723] R E 13b.22 Abs. 1 S. 4 ErbStR 2019; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rn 323.
[724] Grüneberg/Sprau, vor § 793 Rn 4.
[725] Diese sind aber vorrangig als Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 13b Abs. 4 Nr. 2 ErbStG) zu qualifizieren, R E 13b.22 Abs. 1 S. 5 ErbStR 2019; S. Viskorf, in: Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG und BewG, § 13b Rn 203; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rn 325.
[726] Grüneberg/Sprau, vor § 793 Rn 2.
[727] BGH WM 1992, 1522.
[728] H E 13b.22 ErbStH 2019.
[729] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rn 324.
[730] R E 13b.22 Abs. 1 S. 5 ErbStR 2019; Stalleiken, in: v. Oertzen/Loose, ErbStG, § 13b Rn 203; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rn 325.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge