Rz. 70
Diese Rechtsfigur der mittelbaren Schenkung ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Finanzverwaltung anerkannt. Auf Erwerbe von Todes wegen können die Grundsätze der mittelbaren Schenkung jedoch nicht übertragen werden. Testamentarische oder erbvertragliche Vereinbarungen beinhalten damit unabhängig von ihrer Formulierung keine mittelbaren Schenkungen. Die Entreicherung bei dem Zuwendenden muss nicht zwingend in einem Abfluss eines Geldbetrages liegen. Möglich ist auch die schenkweise Abtretung eines Anspruchs auf Übereignung eines Grundstücks an den Bedachten, sofern diesem eine Weiterübertragung des Anspruchs untersagt ist und nach der Auslegung der Erklärungen der Parteien nicht der Sachleistungsanspruch, sondern die Immobilie selbst übertragen werden soll. Die Zurverfügungstellung von Sachleistungen, wie z.B. Baumaterialien, steht einer Hingabe von Geldmitteln gleich. Auch ein nicht abtretbares vermögenswertes Recht kann Gegenstand einer Schenkung und damit einer mittelbaren Schenkung sein.
Rz. 71
Die Frage, ob ein Gegenstand mittelbar zugewendet wird oder Gegenstand der Schenkung der ausgehändigte Geldbetrag ist, hat Bedeutung für die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage und damit für die Höhe der Schenkungsteuer. Während dieser Abgrenzung bis zum 31.12.2008 aufgrund der zum Teil hohen Differenzen zwischen den Steuerwerten der zugewendeten Gegenstände (z.B. bei Immobilien und Gesellschaftsanteilen) und der mit dem Nennbetrag zu bewertenden Geldzuwendung besondere Bedeutung zukam, hat sich dies ab dem 1.1.2009 durch die Annäherung der Steuerwerte an die Verkehrswerte nicht unerheblich verringert. In kleinerem Umfang bleibt jedoch die mittelbare Schenkung in Zukunft von Bedeutung. Dies gilt neben der günstigen Bewertung von Mietobjekten (10 %iger Bewertungsabschlag, § 13d ErbStG) vor allem mit Blick auf die Verschonungsregelungen für die Übertragung von Betriebsvermögen, die bei einer Geldschenkung nicht eingreifen können.
Rz. 72
Die Bestimmung des Zuwendungsgegenstandes erfolgt – wie in allen anderen Fällen – anhand bürgerlich-rechtlicher Abgrenzungskriterien. Es kommt entscheidend auf den Willen der Parteien an, d.h. ob die noch zu erwerbende Sache selbst oder der Geldbetrag zugewendet werden soll. Dieser lässt sich am besten durch die sorgfältige Dokumentation in der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Beteiligten festhalten.
Rz. 73
Voraussetzungen einer mittelbaren Zuwendung eines Gegenstandes sind:
▪ |
Der Bedachte darf nach dem Willen des Zuwendenden nicht über die überlassenen Geldmittel, sondern erst über den Gegenstand verfügen. Nach dem Parteiwillen muss Zuwendungsgegenstand der Gegenstand selbst und nicht das Geld sein. Es kommt auf den durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der Vereinbarung und nicht auf die Bezeichnung an. Unschädlich kann unter bestimmten Umständen beispielsweise die Verwendung des Begriffs "Auflage" sein. Es empfiehlt sich in der Praxis eine eindeutige schriftliche Vereinbarung dahingehend, dass der Geldbetrag vom Bedachten nur entsprechend dem konkretisierten Verwendungszweck eingesetzt werden darf. |
▪ |
Der zu erwerbende Zuwendungsgegenstand muss konkret bezeichnet werden. Nicht ausreichend ist eine bloß allgemeine Bezeichnung, wie die Zuwendung eines Geldbetrages "zum Erwerb von Grundbesitz". |
▪ |
Die Zusage des Geldbetrages muss überdies vor Erwerb des Zuwendungsgegenstandes getätigt werden. Der Begriff des Erwerbs wird von der Finanzverwaltung nicht näher definiert. Vorsorglich sollte der Begriff daher eng ausgelegt und auf den Abschluss des zivilrechtlichen Kaufvertrages abgestellt werden. Wird ein Grundstück im Wege der sog. Kettenauflassung in einem einzigen Vertrag verschenkt und an einen Dritten in der Form weiterveräußert, dass das Grundstück aus Gründen der Kostenersparnis unmittelbar auf den Dritten aufgelassen wird, erlangt der Bedachte als Zwischenerwerber zu keinem Zeitpunkt eine eigene Verfügungsmacht über das Grundstück. Zuwendungsgegenstand ist in diesem Fall nicht die Immobilie selbst, sondern der zu ihrem Erwerb zugewendete Geldbetrag. Denn nach dem Parteiwillen soll dem Bedachten lediglich der Wert des Grundstücks, nicht aber das Grundstück als solches zugewendet werden. |
▪ |
Die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldbetrages sollte überdies in einem möglichst engen zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung der Geldmittel stehen, um die Annahme auszuschließen, dass die Geldbeträge dem Bedachten zur freien Verfügung standen. |
▪ |
Die Vereinbarung muss tatsächlich vollzogen werden. Wird dem Bedachten ein Geldbetrag zugewendet, der den bekannten Kaufpreis des Grundstücks deutlich übersteigt, kann zweifelhaft sein, ob eine mittelbare Grundstückszuwendung gewollt ist. |