Rz. 133
Der Begriff der Ausgangslohnsumme ist in § 13a Abs. 3 S. 2 ErbStG legal definiert als durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer endenden Wirtschaftsjahre.
Die Entscheidung des Gesetzgebers für einen längeren Ermittlungszeitraum ist prinzipiell nachvollziehbar, da auf diese Weise gezielt Manipulationen vorgebeugt werden kann. Andererseits wird es den Gegebenheiten des Wirtschaftslebens nicht wirklich gerecht, die Ausgangslohnsumme als arithmetisches Mittel der Lohnsummen der letzten fünf Jahre zu definieren, anstatt den aktuellen Verhältnissen wenigstens durch das Abstellen auf einen gewogenen Durchschnittswert Rechnung zu tragen. Nach der gesetzlichen Regelung kommt dem fünften vor dem Stichtag abgeschlossenen Wirtschaftsjahr dasselbe Gewicht zu wie dem unmittelbar vor dem Stichtag endenden. Dass dies, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, dem Rechtsnachfolger Vorgaben auferlegt, die er in vielen Fällen nicht wird erfüllen können, liegt auf der Hand. Dies gilt umso mehr, als in die Lohnsumme u.a. auch die in § 13a Abs. 4 S. 4 ErbStG ausdrücklich erwähnten Abfindungen einzubeziehen sind. Hat das Unternehmen also im Zusammenhang mit einem erforderlichen Arbeitsplatzabbau zusätzliche Aufwendungen, um ausscheidende Mitarbeiter abzufinden, wirkt sich dies im Hinblick auf das Lohnsummenkriterium gleich in doppelter Hinsicht verheerend aus.
Rz. 134
Ändern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse und hiermit verbunden auch die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer während des für die Bestimmung der Ausgangslohnsumme maßgeblichen Zeitraums von fünf Wirtschaftsjahren vor dem Übertragungsstichtag, so kann dies – wegen der gesetzlich vorgesehenen Durchschnittsbetrachtung – fatale Folgen für die Höhe der Ausgangslohnsumme und somit auch für den Erhalt der Verschonungen insgesamt haben. Dies gilt insb. für Unternehmen, die sich nach einer Krise "gesund geschrumpft" haben. Denn bei diesen werden auch alle Lohn- und Gehaltsaufwendungen für längst abgebaute Arbeitsplätze noch anteilig im Rahmen der Bestimmung der Ausgangslohnsumme berücksichtigt. Die Ausgangslohnsumme ist daher in solchen Fällen deutlich höher als es dem Stand des Unternehmens beim Inhaberwechsel entspricht.
Rz. 135
Nach der Formulierung des Gesetzes sind nur die vor dem Besteuerungszeitpunkt abgelaufenen Wirtschaftsjahre maßgebend. Dies gilt auch für die Einbringung der (anteiligen) Lohnsummen bei Personengesellschaften bzw. Kapitalgesellschaften (bei Letzteren nur bei Besitz von mehr als 25 %, § 13a Abs. 3 S. 12 ErbStG), allerdings mit der Maßgabe, dass es insoweit auf die jeweiligen Wirtschaftsjahre der jeweiligen Beteiligungsgesellschaften ankommt.
Rz. 136
Beispiel
Das begünstigte Vermögen umfasst Anteile an der A GmbH (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr). Erwerbszeitpunkt ist der 1.2.2022.
Zum Vermögen der A GmbH gehört eine 100 %-Beteiligung an der B GmbH, deren Wirtschaftsjahr jeweils am 30.6. endet. Die B GmbH wiederum ist zu 50 % an der C GmbH beteiligt, deren Wirtschaftsjahr jeweils am 30.11. endet.
Zur Ermittlung der Ausgangslohnsummen ist auf folgende Zeiträume abzustellen:
A GmbH: 1.1.2017 bis 31.12.2021 (fünf Kalenderjahre)
B GmbH: 1.7.2016 bis 30.6.2021 (fünf Wirtschaftsjahre)
C GmbH: 1.12.2016 bis 30.11.2021 (fünf Wirtschaftsjahre).
Entscheidend ist, dass bei jeder einzeln zu betrachtenden wirtschaftlichen Einheit grds. die fünf vor dem Besteuerungszeitpunkt beendeten Wirtschaftsjahre in die Betrachtung einzubeziehen sind. Die Zusammenrechnung der festgestellten Lohnsummen erfolgt erst in einem weiteren, nachgelagerten Schritt.
Rz. 137
Soweit es sich bei dem letzten vor dem Besteuerungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahr um ein (abgelaufenes) Rumpfwirtschaftsjahr handelt, das durch die Umstellung von einem bzw. auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr entstanden ist, kann die Lohnsumme dieses Rumpfwirtschaftsjahres in die Lohnsumme eines vollen 12 Monate umfassenden Wirtschaftsjahres umgerechnet werden. Ein noch nicht abgelaufenes Rumpfwirtschaftsjahr kann aber ebenso wenig wie ein noch nicht abgelaufenes "normales" Wirtschaftsjahr in die Betrachtung einbezogen werden, auch wenn es am Stichtag kurz vor seinem Abschluss stehen sollte.
Rz. 138
Die Beschränkung der Betrachtung auf abgelaufene Wirtschaftsjahre bringt bei Personalwachstum Vorteile mit sich, da die im laufenden Geschäftsjahr erfolgende Steigerung des Personalaufwandes in die Ausgangslohnsumme nicht mit einbezogen wird. Dies kann gerade für "Start Up Unternehmen" einen nicht unerheblichen Vorteil bedeuten. Soweit das Unternehmen am Stichtag noch nicht auf fünf abgeschlossene Wirtschaftsjahre zurückblicken kann, ist die Ausgangslohnsumme auf der Grundlage des kürzeren Bestehenszeitraumes zu berechnen und die Lohnsumme eines etwa einzubeziehenden Rumpfwirtschaftsjahres in einen Jahresbetrag umzurechnen.
Rz. 139
Im Übrigen ist bei nachgeordneten Beteiligungsunternehmen die Ausgangslohnsumme zunächst für d...