Rz. 33
Der Bedachte muss die tatsächliche und rechtliche freie Verfügungsmöglichkeit über den Zuwendungsgegenstand erlangen. Dies ist auch dann zu bejahen, wenn der Bedachte bereits während der schenkweisen Zuwendung eines Grundstücks Verhandlungen über dessen Weiterveräußerung führt und der Weiterverkauf dann innerhalb von vier Tagen nach der Grundstücksübertragung erfolgt.
Ist der Bedachte – wie z.B. ein Treuhänder (vgl. Rdn 17) – zur Rückgabe verpflichtet, scheidet eine Bereicherung aus. (Zu bloßen Rücktritts- oder Widerrufsvorbehalten aber siehe Rdn 16). Eine Rückgabeverpflichtung kann auch aufgrund dienst- oder arbeitsrechtlicher Vorschriften bestehen. Die Erlangung der freien Verfügungsmacht auf Seiten des Bedachten setzt zugleich voraus, dass der Zuwendende seine Verfügungsmacht verliert. Die Abgabe eines bloßen Schenkungsversprechens führt daher noch nicht zu einer Bereicherung des Bedachten. Erforderlich ist die zivilrechtliche Übereignung des Zuwendungsgegenstandes an ihn (Zeitpunkt der Entstehung der Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, siehe § 9 ErbStG Rdn 40 ff.).
Rz. 34
Die Bereicherung muss im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung gegeben sein. Ein Verzicht auf die Schenkung in dem Zeitraum zwischen Abschluss des Schenkungsvertrages und der Übereignung führt daher nicht zu einer Rückschenkung an den Zuwendenden. Denn der zu diesem Zeitpunkt bestehende Übereignungsanspruch beinhaltet noch keine Vermögensmehrung. Die Übertragung eines bloßen Anwartschaftsrechts führt aus demselben Grund nicht zu einer Bereicherung. Umgekehrt kann aber auch der nachträgliche Wegfall des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes, z.B. durch Anfechtung, eine einmal eingetretene Bereicherung nicht wieder entfallen lassen. Hier ist auf § 29 ErbStG zurückzugreifen, der eine tatsächliche Rückgabe des Zuwendungsgegenstandes verlangt (siehe § 29 ErbStG Rdn 1).
Rz. 35
Behält sich der Zuwendende den Nießbrauch und das Recht vor, den Zuwendungsgegenstand später zu veräußern, ist eine Bereicherung des Bedachten zu bejahen, wenn die Veräußerung durch den Zuwendenden über eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erfolgt. Denn dann wird die Veräußerung im Namen und für Rechnung des Bedachten durchgeführt.
Rz. 36
Bei einer typischen stillen Beteiligung, die der Bedachte unentgeltlich zugewandt erhalten hat, erwirbt er – anders als bei einer atypischen stillen Beteiligung – zunächst nur ein Bündel schuldrechtlicher Ansprüche gegen den Zuwendenden, die noch keinen Vermögensgegenstand darstellen. Erst mit Ausschüttung der Gewinne und des Liquidationserlöses tritt bei dem Bedachten eine Bereicherung ein. Bei einer atypischen Unterbeteiligung erwirbt der Unterbeteiligte dagegen in der Regel bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages eine Vermögensbeteiligung am Anteil des Hauptbeteiligten, die zu einer Bereicherung führt.