Gerhard Sievert, Ulrich Gohlisch
I. Grundstücksarten im Überblick
Rz. 2
Grundstücksart |
Voraussetzungen |
1. |
Ein- und Zweifamilienhäuser |
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Wohngrundstücke mit bis zu zwei Wohnungen; |
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Mitbenutzung für betriebliche oder öffentliche Zwecke zu weniger als 50 % – berechnet nach der Wohn- oder Nutzfläche – ist unschädlich, soweit dadurch nicht die Eigenart als Ein- oder Zweifamilienhaus wesentlich beeinträchtigt wird; |
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kein Wohnungseigentum nach Nr. 3. |
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Grundstücke, die zu mehr als 80 % – berechnet nach der Wohn- oder Nutzfläche – Wohnzwecken dienen und nicht Ein- oder Zweifamilienhäuser im Sinne der Nr. 1 oder Wohnungseigentum nach Nr. 3 sind. |
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3. |
Wohnungs- und Teileigentum |
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Wohnungseigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 Abs. 2 WEG) |
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Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentum an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 Abs. 3 WEG). |
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Grundstücke, die zu mehr als 80 % – berechnet nach der Wohn- oder Nutzfläche – eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht Teileigentum nach Nr. 3 sind. |
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5. |
gemischt genutzte Grundstücke |
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Grundstücke, die teils Wohnzwecken, teils eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und keine Grundstücke im Sinne der Nr. 1 bis 4 sind. |
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6. |
sonstige bebaute Grundstücke |
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Grundstücke, die nicht unter die Nr. 1 bis 5 fallen. |
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II. Stichtagsbeurteilung
Rz. 3
Für Erbschaftsteuerzwecke kommt es auf die tatsächliche Nutzung des bebauten Grundstückes am Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG = Besteuerungsstichtag, § 9 ErbStG) an, gewöhnlich auf den Todestag des Erblassers oder auf den Tag der Ausführung der Schenkung (auf die Ausnahme, dass der Bewertungsstichtag abweichend vom Übergang der Nutzen und Lasten bereits der Zeitpunkt der Auflassung i.S.d. § 925 BGB sowie der Eintragungsbewilligung gem. § 19 GBO – vgl. R E 9.1 Abs. 1 S. 2 ErbStR 2019 – ist, wird hiermit hingewiesen). Bei der Bestimmung der Grundstücksart ist immer die gesamte wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Befinden sich auf einer wirtschaftlichen Einheit mehrere Gebäude oder Gebäudeteile unterschiedlicher Bauart oder Nutzung, ist für die Festlegung der Grundstücksart eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Einheit vorzunehmen. Im Allgemeinen stimmt die wirtschaftliche Einheit i.S.d. Bewertungsgesetzes mit dem zivilrechtlichen Grundstück überein. Grundsätzlich können bewertungsrechtlich aber auch mehrere zivilrechtliche Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit bilden, wenn sie nach der Verkehrsanschauung als solche anzusehen sind (§ 2 BewG).
III. Nutzungsverhältnis
Rz. 4
Soweit die Grundstücksart von einer prozentualen Aufteilung der Nutzung, z.B. Wohnnutzung und geschäftliche Nutzung, abhängt (siehe § 181 Abs. 2, 3, 6 BewG), ist die Abgrenzung nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzfläche vorzunehmen. Für die Bestimmung der Wohnfläche ist die Wohnflächenverordnung v. 25.11.2003 maßgeblich. Liegt nur eine Wohnflächenberechnung nach der II. Berechnungsverordnung vor und sind nach dem 31.12.2003 keine baulichen Änderungen an dem Wohnraum vorgenommen worden, kann diese Wohnflächenberechnung verwendet werden. Soweit für die Geschäftsgrundstücke die Wohnflächenverordnung nicht entsprechend angewendet werden kann, ist zur Flächenberechnung auf die entsprechende DIN 277 zurückzugreifen.
IV. Vorliegen einer Wohnung
Rz. 5
Für die Bestimmung der Grundstücksart Ein- und Zweifamilienhaus kommt es auf die Anzahl der Wohnungen auf dem Grundstück an. In § 181 Abs. 9 BewG wird die Wohnung gesetzlich definiert. Eine Wohnung ist hiernach die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass die Führung eines selbstständigen Haushalts möglich ist. Wichtigste Kriterien sind die Abgeschlossenheit der Raumeinheit von anderen Einheiten, die Ausstattung mit einer Küche, einem Bad oder Dusche und einer Toilette, und einer Mindestwohnfläche von 23 m2. Häufig kann die Festlegung als Ein- und Zweifamilienhaus für Zwecke der Grundstücke (Einheitsbewertung) auch hier herangezogen werden. Durch Einbau einer dritten Wohnung in einem Grundstück bzw. durch Beseitigung der baulichen Abtrennung einer dritten Wohnung zu den anderen Wohnungen kann das Grundstück zu einem Mietwohnhaus bzw. umgekehrt zu einem Ein- und Zweifamilienhaus umgebaut werden. Dies könnte im Einzelfall von Interesse sein, wenn sich nach einer Vergleichsrechnung ergäbe, dass die Bewertung der einen Grundstücksart günstiger als die der anderen Grundstücksart ist. Maßgebend ist hier immer auch der Bauzustand am Bewertungsstichtag. Liegt eine gewerbliche oder öffentliche Mitbenutzung (z.B. als Postannahmestelle) vor und wird dadurch das Erscheinungsbild des Grundstücks derart beeinträchtigt, dass nach der Verkehrsanschauung kein Ein- oder Zweifamilienhaus mehr anzunehmen ist, liegt ein Geschäftsgrundstück vor.
V. Wohnungs-/Teileigentum
Rz. 6
Das Wohnungs- und Teileigentum ist seit 2009 für erbschaftsteuerliche Zwecke j...