I. Abs. 1 Nr. 1
Rz. 33
Mit dem Eintritt des Erbfalls tritt der Erbe die Gesamtrechtsnachfolge des Erblassers nach § 1922 BGB an. Sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers gehen auf den Erben über. Eine partielle Ausschlagung ist nicht möglich; entweder schlägt der Erbe vollständig aus, dann gilt das Erbe als nicht angefallen, oder er nimmt die Erbschaft vollständig an. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung ist nach deutschem Zivilrecht nicht vorgesehen, es genügt auch die konkludente Annahme, die bereits in der Stellung eines Erbscheins erblickt werden kann. Die Annahme eines geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Erben wird durch seinen gesetzlichen Vertreter oder Vormund vorgenommen. Eine Genehmigung ist dafür nicht notwendig, anders bei der Ausschlagung: Diese ist nach §§ 1822 Nr. 2, 1643 Abs. 2 S. 2 BGB durch das Familiengericht zu genehmigen. Jedoch ist zu beachten, dass für den Fall, dass der Minderjährige erst berufen wird, weil ein ihm erbrechtlich vorgehender Elternteil ausgeschlagen hat, nach § 1643 Abs. 2 BGB keine Genehmigung der Ausschlagung durch den anderen Elternteil für das minderjährige Kind durch das Familiengericht notwendig ist.
Das deutsche Erbrecht wird vom Anfallprinzip bestimmt. Das Vermögen des Erblassers geht also von selbst auf den Erben über, es bedarf dazu keiner weiteren Handlungen. Bei der Steuerfestsetzung nach dem Erbschaftsteuergesetz sind jedoch rechtsgeschäftliche Regelungen, welche die Vermögenssubstanz, die der Erbe erwirbt, negativ beeinflussen, zu berücksichtigen. War also der Erblasser Gesellschafter einer GmbH und ist in deren Satzung geregelt, dass der Geschäftsanteil eines Gesellschafters im Todesfall eingezogen wird nach § 34 GmbHG, so erwirbt der Erbe zwar zunächst den Geschäftsanteil, da nach § 15 Abs. 1 GmbHG der Geschäftsanteil zwingend vererblich ist, jedoch kann in Satzungen einer GmbH geregelt werden, dass der Geschäftsanteil gegen Entgelt oder sogar ohne Entgelt eingezogen werden kann. Nach § 10 Abs. 10 ErbStG wird, sofern ein Geschäftsanteil an einer GmbH vererbt wird und in der Satzung der GmbH geregelt ist, dass der Geschäftsanteil eingezogen wird, gegen Abfindung der Erben zu einem niedrigeren Wert als dem gemeinen Wert des Geschäftsanteils, nur der niedrigere Wert für die Bewertung des Vermögensanfalls zugrunde gelegt.
1. Erbe, Ersatzerbe
a) Erbe
Rz. 34
Erbe kann nur sein, wer nach § 1923 BGB zum Zeitpunkt des Erbfalls noch lebt. Frühere Bestimmungen, wonach ein Angehöriger eines Ordens nicht erbfähig sein konnte, sind aufgehoben worden. Der Erbe muss noch leben i.S.v. § 1923 BGB, dafür ausreichend ist das Überleben auch nur von einer Sekunde. Deshalb ist gerade in den Fällen des kurz nacheinander Versterbens von Erblasser und Erbe die Feststellung des Todeszeitpunkts von grundlegender Bedeutung. Insbesondere in den Fällen, in denen Erblasser und Erbe aus demselben Ereignis versterben (Autounfall), ist die Feststellung des Todeszeitpunkts bedeutsam, da die Abgrenzung schwierig sein kann, wer wen beerbt hat. Da sich völlig unterschiedliche Erbfolgen ergeben können, je nachdem, in welcher Reihenfolge Personen nacheinander versterben, ist das genaue Datum und die Uhrzeit des Versterbens exakt festzulegen, was in der Sterbeurkunde zu erfolgen hat. Lässt sich nicht genau feststellen, welche Person zuerst verstorben ist, so greift die Regelung von § 11 VerschG, wonach beide als gleichzeitig verstorben zu betrachten sind. Auch noch nicht geborene, aber bereits im Erbfall schon gezeugte Personen sind erbfähig nach § 1923 Abs. 2 BGB. Maßgeblich für das tatsächliche Entstehen des Erbrechts ist aber, dass der während des Erbfalls sich noch im Mutterleib befindende Erbe auch tatsächlich lebend geboren wird. Dafür ist notwendig, dass dieser mindestens aus dem Mutterleib ausscheidet, wobei das Durchtrennen der Nabelschnur nicht erforderlich ist. Zur Sicherung des Nachlasses ist bis zur Geburt des Nasciturus eine Pflegschaft nach §§ 1912, 1960 BGB anzuordnen. Inwieweit § 1923 Abs. 2 BGB auch auf die durch künstliche Befruchtung erzeugten Kinder anzuwenden ist, ist im Einzelnen streitig. Hat der Erblasser nicht durch letztwillige Verfügung von Todes wegen die Erbfolge geregelt oder ist eine solche unwirksam, so findet die gesetzliche Erbfolge statt, die sich nach §§ 1924 ff. BGB bestimmt. Wurde ein näherer Abkömmling vom Erblasser durch letztwillige Verfügung vom Erbe ausgeschlossen, so tritt der entferntere Abkömmling nach § 1924 Abs. 2 BGB in das gesetzliche Erbrecht ein. Zwar tritt der entferntere Erbe nach § 1924 Abs. 3 BGB nur in die Erbfolge ein, wenn der näherer Abkömmling verstorben ist oder ausschlägt nach § 1953 Abs. 2 BGB, für erbunwürdig erklärt wird nach § 2344 Abs. 2 BGB oder einen Erbverzicht erklärt hat nach § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB, jedoch soll dies nach h.M. auch gelten, wenn der nähere Abkömmling durch letztwillige Verfügung von Todes wegen enterbt wurde. Wurde der nähere Abkömmling also von der Erbfolge ausgeschlossen, s...