I. Absatz 1
Rz. 2
§ 4 Abs. 1 ErbStG regelt, dass bei Tod eines Ehegatten oder Lebenspartners dessen Anteil am Gesamtgut als ausschließlich den infolge der fortgesetzten Gütergemeinschaft anteilsberechtigten Abkömmlingen angefallen anzusehen ist. Nur insoweit wird ein Erwerb von Todes wegen fingiert. Diese Regelung beinhaltet zugleich die Klarstellung, dass der überlebende Partner durch die Fortsetzung der Gütergemeinschaft am Gesamtgut nicht bereichert wird, insoweit also kein erbschaftsteuerpflichtiger Erwerb in Betracht kommt. Dies gilt jedenfalls solange, wie sich sein Anteil am Gesamtgut durch den Tod nicht verändert (§§ 1514, 1512, 1513 Abs. 1 BGB).
Rz. 3
Seit dem 1.1.2009 erfasst die Norm nicht mehr nur die Ehegatten, die fortgesetzte Gütergemeinschaft vereinbart haben, sondern wird auf entsprechend ausgestaltete Lebenspartnerschaften ausgedehnt. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um eine fortgesetzte Gütergemeinschaft im Sinne des BGB handelt. Ausländische Güterrechtsgemeinschaften werden von § 4 ErbStG nicht erfasst.
Rz. 4
Der auf die Abkömmlinge übergehende hälftige Anteil am Gesamtvermögen (Aktiva wie Passiva) ist nach § 12 ErbStG zu bewerten und auf die Abkömmlinge entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis aufzuteilen. Das besondere Verwaltungsrecht des längerlebenden Ehegatten führt weder zu einer Wertminderung (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 2 BewG) noch einem Hinausschieben des Besteuerungszeitpunktes. Die Bestattungskosten zählen nicht zu den Verbindlichkeiten des Gesamtgutes, sondern zu den Nachlassverbindlichkeiten, die den Erben treffen (§ 1968 BGB). Sind die Abkömmlinge daher gleichzeitig Erben des vorverstorbenen Ehegatten, können sie die gezahlten Beerdigungskosten in Abzug bringen. Trägt der überlebende Ehegatte die Beerdigungskosten und ist er allein zugleich Erbe, können die von ihm übernommenen Bestattungskosten zur Hälfte auch den Anteil der Abkömmlinge mindern, soweit kein voller Abzug beim Ehegatten gerechtfertigt ist (§ 1499 Nr. 1 BGB). Ohne Erbenstellung lässt sich ein Abzug nur unter Hinweis auf die in § 4 ErbStG erfolgte gesetzliche Gleichstellung mit einem Erwerb von Todes wegen begründen. Darauf, ob tatsächlich eine Verpflichtung zur Kostentragung besteht, soll es aufgrund dieser Fiktion nicht ankommen.
Rz. 5
Aufgrund der erbschaftsteuerlichen Erwerbsfiktion mit Beginn der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind auch die Vorempfänge, die der Abkömmling im Vorfeld erhalten hat, bereits in diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen. Zu beachten ist § 2054 BGB, wonach die Zuwendung aus dem Gesamtgut als durch beide Ehegatten je zur Hälfte erfolgt anzusehen ist. Damit wird für den berechtigten Abkömmling grds. nur die Hälfte des Vorempfangs ausgleichspflichtig.
Beispiel
Die Eheleute E und F vereinbaren die Fortsetzung der Gütergemeinschaft mit ihren beiden Kindern A und B zu gleichen Teilen. B hat zu Lebzeiten bereits 200.000 EUR aus dem Gesamtgut erhalten. Als F stirbt, beträgt der Wert des Gesamtgutes insgesamt 1.000.000 EUR. Der auf A und B zu gleichen Teilen übergehenden Anteil am Gesamtgut beträgt insgesamt 500.000 EUR. B ist in Höhe von 100.000 EUR ausgleichungspflichtig. Damit stehen A und B jeweils 300.000 EUR zu (von zu verteilenden 600.000 EUR). B muss sich 100.000 EUR auf seinen Erwerb als Vorempfang anrechnen lassen, so dass er nur noch in Höhe von 200.000 EUR einen steuerbaren Erwerb erzielt, während bei A 300.000 EUR zugrunde gelegt werden.
Rz. 6
Zählen neben den gemeinschaftlichen Abkömmlingen nichtgemeinschaftliche Abkömmlinge (z.B. Kinder aus erster Ehe) zu den Erben, übernehmen Letztere nicht selbst einen Anteil am Gesamtgut, sondern werden lediglich so gestellt, als sei der Gesamtgutsanteil allen Abkömmlingen angefallen, § 1483 Abs. 2 BGB. Vergleichbar mit der Rechtslage bei qualifizierten Nachfolgeklauseln bei Personengesellschaften (vgl. § 3 ErbStG Rdn 63) erhalten die nichtgemeinschaftlichen Abkömmlinge damit einen Wertausgleich, der dem entspricht, was ihnen als Anteilsinhaber zugefallen wäre (Fall des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
Rz. 7
Für das Sondergut (§ 1417 BGB) und das Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB), die weiteren Vermögensarten bei der Gütergemeinschaft, gilt: Das Vorbehaltsgut umfasst die Vermögensgegenstände, über die jeder Ehegatte aufgrund besonderer Vereinbarung frei verfügen kann. Unter das Sondergut fallen die Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können (z.B. unpfändbare Gehaltsansprüche, Schmerzensgelder, Renten). Die Gegenstände eines Ehegatten aus diesen beiden Vermögensarten werden Bestandteil seines Nachlasses. Es handelt sich in zivilrechtlicher und erbschaftsteuerlicher Hinsicht um einen Erwerb von Todes wegen, für den die allgemeinen Regelungen gelten, und nicht um eine güterrechtliche Sonderrechtsnachfolge. § 5 Abs. 1 ErbStG findet jedoch keine Anwendung.
Beispiel
Die Eheleute E und F vereinbaren die Fortsetzung der Gütergemeinschaft mit ihren beiden Kindern A und B zu gleichen Teilen. Als F stirbt, hat das Gesamtgut einen Wert von 6...