Rz. 2
Das Vorliegen einer Zweckzuwendung i.S.d. § 8 ErbStG verlangt eine Zuwendung von Vermögen von Todes wegen oder als freigebige Zuwendung an eine andere Person verbunden mit der Auflage oder Bedingung, das Vermögen oder einen Teil davon für einen bestimmten Zweck zu verwenden. Erste Voraussetzung ist damit die Zuwendung an eine andere Person als den Schenker bzw. Erblasser. Nicht ausreichend ist es, wenn der Zuwendende selbst das Vermögen zur Verfügung stellt.
Das Vermögen muss dem Beschwerten unter der Auflage oder Bedingung zugewandt werden, es zugunsten eines bestimmten Zwecks zu verwenden. Der Zweck muss unpersönlich (z.B. Betreuung eines Tieres) ausgestaltet sein oder sich an einen unbestimmten Personenkreis (z.B. alle Obdachlosen einer bestimmten Stadt oder in Not geratene Mitarbeiter eines Betriebes) richten. Die Begünstigten dürfen weder namentlich identifizierbar sein noch von dem Beschwerten aufgrund eines eigenen Bestimmungsrechts konkretisiert werden. Auch gemeinnützige und mildtätige Zwecke können genügen.
Rz. 3
Auch die Zuwendung von Vermögen an eine natürliche oder juristische Person mit der Auflage, das Vermögen entsprechend dem Stiftungszweck im Rahmen einer unselbstständigen bzw. nichtrechtsfähigen Stiftung zu verwenden, fällt unter § 8 ErbStG. Voraussetzung ist ebenfalls, dass der Stiftungszweck unpersönlich ausgestaltet ist oder sich an einen unbestimmten Personenkreis richtet. Dies ist bei unselbstständigen Familienstiftungen, die zugunsten einer oder mehrerer Familien errichtet werden (vgl. § 1 ErbStG Rdn 9), regelmäßig nicht der Fall. § 8 ErbStG soll nach Ansicht des BFH ebenfalls nicht einschlägig sein, wenn sich das Genehmigungsverfahren zum Zwecke der Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung unerwartet lang hinzieht. Damit bezieht der BFH Wertveränderungen, die bis zur Genehmigung der Stiftung auftreten, in die steuerliche Bemessungsgrundlage mit ein.
Rz. 4
Bei einer Zweckzuwendung von Todes wegen erwirbt der Beschwerte das Vermögen belastet mit einer Auflage i.S.v. § 1940 BGB. Die Auflage ist als rechtliche Verpflichtung zu fassen und konkret zu formulieren. Eine ausdrückliche Bezeichnung als Auflage ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn sich die rechtliche Verpflichtung aufgrund einer Auslegung unter Beachtung von Sinn und Zweck der Anordnung des Erblassers ermitteln lässt Andererseits darf es sich auch nicht um einen lebzeitigen gegenseitigen Vertrag mit dem Zuwendenden handeln, da es insoweit an der Freigebigkeit der Zuwendung fehlt. Eine Zweckzuwendung kann auch bei einer Erbeinsetzung oder einem Vermächtnis unter einer Bedingung zu bejahen sein, z.B. Erbeinsetzung nur unter der Bedingung, einen bestimmten Geldbetrag des Vermögens für gemeinnützige Zwecke zu verwenden. Keine Zweckzuwendung liegt dagegen vor, wenn die Zuwendung dem Erblasser selbst, z.B. über die Grabpflege oder für sein Seelenheil, zugutekommen soll. Stellt die Begünstigung des Erblassers jedoch einen bloßen Reflex dar bzw. handelt es sich um das bloße Motiv für die Zweckzuwendung, steht dies der Annahme einer Zweckzuwendung nicht entgegen.
Rz. 5
Eine Zweckzuwendung unter Lebenden setzt voraus, dass aus der freigebigen Zuwendung infolge der Ausführung der Auflage oder Bedingung weder für den Beschwerten noch für den Schenker ein geldwerter Vorteil entsteht. Im letztgenannten Fall handelt es sich um eine gemischte Schenkung (vgl. § 7 ErbStG Rdn 59). Der Schenker muss darüber hinaus die Verfügungsbefugnis über das zuzuwendende Vermögen endgültig verlieren. Dies verlangt eine Unabhängigkeit von Schenker und Beschwertem, die z.B. nicht bei einer Zuwendung an eine vom Schenker beherrschte Kapitalgesellschaft (Beschwerter) gegeben ist.
Rz. 6
Mangels Vermögensanfall bei einer dritten Person und damit mangels Bereicherung ermittelt sich die Bemessungsgrundlage für die Erbschaft-/Schenkungsteuerbelastung der Zweckzuwendung nach der Verpflichtung des Beschwerten, § 10 Abs. 1 S. 5 ErbStG, die ihrerseits nach § 12 ErbStG i.V.m. BewG zu bewerten ist. Die Steuer entsteht mit dem Eintritt dieser Verpflichtung, § 9 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Die Besteuerung erfolgt dabei nach § 15 Abs. 1 ErbStG stets unter Zugrundelegung der ungünstigen Steuerklasse III nebst dem entsprechenden Freibetrag. Die Vergünstigungen des § 15 Abs. 2 ErbStG finden keine Anwendung. Ordnet der Schenker bzw. Erblasser Zuwendungen zu verschiedenen unpersönlichen Zwecken an, handelt es sich um mehrere Zweckzuwendungen, die jeweils gesondert unter jeweiliger Heranziehung des Freibetrages besteuert werden.
Rz. 7
Der Beschwerte kann das der Weitergabeverpflichtung unterliegende Vermögen seinerseits gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit bzw. Duldungsauflage von der Bemessungsgrundlage des ihm zugewandten Vermögens in Abzug bringen. Voraussetzung ist, dass durch die Zweckzuwendung eine Entreicherung beim Beschwerten eintritt. Ausreichend ist nach der Gesetzessystematik, dass die steuerbare Bereicherung vermindert wird. Ei...