Raymond Halaczinsky, Ulrich Gohlisch
I. Tatbestandlicher Steuerschuldner (Abs. 1)
Rz. 5
Steuerschuldner ist nach § 20 Abs. 1 ErbStG der Erwerber. Wer Erwerber ist, ergibt sich nicht in jedem Fall aus § 20 ErbStG, sondern in vielen Fällen nur mittelbar aus den §§ 3, 7 und 8 ErbStG. Mittelbar deshalb, weil auch in den drei zuvor genannten Paragrafen nicht explizit genannt wird, wer Erwerber ist, sondern nur, was als Erwerb gilt. Im Fall des Erwerbs von Todes wegen können Erwerber vor allem Erben, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte oder Auflagenbegünstigte sein. Darüber hinaus wird in der folgenden Aufstellung gezeigt, wie breit gefächert der Kreis der Erwerber und damit die Gruppe der möglichen Steuerschuldner bei den Erwerben von Todes wegen nach § 3 ErbStG ist:
1. Steuerschuldner bei Erwerben von Todes wegen
Rz. 6
Bei Erwerben von Todes wegen gilt als Erwerb: |
Bei Erwerben von Todes wegen gilt demzufolge als Erwerber: |
a) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
Rz. 7
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der Erwerb aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§§ 2303 ff. BGB) |
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der Pflichtteilsberechtigte |
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b) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG
Rz. 8
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der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall (§ 2301 BGB) |
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c) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG
Rz. 9
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sonstige Erwerbe, auf die die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des BGB Anwendung finden, nämlich z.B. der Voraus des überlebenden Ehegatten nach § 1932 BGB |
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▪ |
der überlebende Ehegatte/Lebenspartner |
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d) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG
Rz. 10
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jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages bei dessen Tod von einem Dritten unmittelbar erworben wird |
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▪ |
der Dritte als Begünstigter |
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e) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG
Rz. 11
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der Übergang von Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung |
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f) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 ErbStG
Rz. 12
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die vom Erblasser angeordnete Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bildung von Vermögen gerichtet ist |
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g) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG
Rz. 13
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was jemand infolge Vollziehung einer vom Erblasser angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer vom Erblasser gesetzten Bedingung erwirbt |
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der durch die Auflage oder Bedingung begünstigte Dritte |
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h) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG
Rz. 14
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was jemand dadurch erlangt, dass bei Genehmigung einer Zuwendung des Erblassers Leistungen an andere Personen angeordnet oder zur Erlangung der Genehmigung freiwillig übernommen werden |
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der durch die Leistung Bereicherte |
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i) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG
Rz. 15
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was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Erbersatzanspruchs, Vermächtnisses oder für die Zurückweisung eines Rechts aus einem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall oder anstelle eines anderen in § 3 Abs. 1 ErbStG genannten Erwerbs gewährt wird |
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je nachdem: der Erbe, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte oder Drittbegünstigte |
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Abfindungszahlungen, wenn und soweit die Zahlung dafür gewährt wird, dass eine Rechtsstellung, insb. eine Erbenstellung, oder ein Recht oder ein Anspruch (z.B. Vermächtnis), die zu einem Erwerb nach § 3 Abs. 1 ErbStG (Erwerb von Todes wegen) führen würden, nicht mehr oder nur noch teilweise geltend gemacht werden (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG m.W. für Verzichte ab 25.6.2017) |
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der Dritte als Begünstigter |
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j) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG
Rz. 16
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was als Abfindung für ein aufschiebend bedingtes, betagtes oder befristetes Vermächtnis, für das die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist, vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses gewährt wird |
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k) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG
Rz. 17
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was als Entgelt für die Übertragung der Anwartschaft eines Nacherben gewährt wird |
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l) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 ErbStG
Rz. 18
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was der Vertrags- oder Schlusserbe eines gemeinschaftlichen Testaments oder der Vermächtnisnehmer wegen beeinträchtigender Schenkungen des Erblassers (§§ 2287, 2288 Abs. 2 BGB) von dem Beschenkten nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung erlangt |
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der Vertragserbe |
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der Schlusserbe |
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der Vermächtnisnehmer |
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Rz. 19
Wie aus der Vielzahl der vorstehend aufgeführten unterschiedlichen Erwerber ersichtlich ist, kann es bei einem Sterbefall – der Gesetzgeber spricht hier von einem Erwerb von Todes wegen nach § 3 ErbStG – eine Vielzahl von unterschiedlichen Erwerbern und damit auch diverse verschiedene Steuerschuldner geben. Zur Erwerbereigenschaft nach § 3 ErbStG im Einzelnen wird auf die entsprechende Kommentierung in § 3 ErbStG verwiesen.
2. Mehrere Erwerber bei Erwerben von Todes wegen als Steuerschuldner
Rz. 20
Jeder einzelne Erwerber ist (nur) für seinen eigenen Erwerb Steuerschuldner. In der Praxis kann die Steuerschuldnerschaft bzw. der Umfang der Steuerschuldnerschaft ggf. erst nach längerer Zeit, etwa nach einer Erbauseinandersetzung, festgestellt werden. Entsprechende Bescheide können insoweit vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassen werden.
Rz. 21
Bis zur Erbauseinandersetzung nach § 2042 BGB bestimmt § 20 Abs. 3 ErbStG ergänzend, dass der Nachlass bis z...