I. Aufbau des Gesetzes
Rz. 6
§ 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG regelt zunächst die Voraussetzungen der Steueranrechnung im Falle des ausschließlichen Erwerbs von Auslandsvermögen. Die Sätze 2 und 3 beschäftigen sich hernach mit Mischerwerben. Satz 4 regelt die zeitlichen Voraussetzungen der Anrechnung.
Rz. 7
§ 21 Abs. 2 ErbStG enthält Definitionen des Begriffs "Auslandsvermögen" für verschiedene Konstellationen. Abs. 3 regelt die formellen Voraussetzungen der Anrechnung und Abs. 4 schließlich Besonderheiten der Anwendung von § 21 ErbStG (Abs. 1–3) bei Eingreifen von Doppelbesteuerungsabkommen.
II. Unbeschränkte Steuerpflicht
Rz. 8
Eine Anwendung von § 21 ErbStG kommt nur dann in Betracht, wenn wenigstens einer der Beteiligten der unbeschränkten Steuerpflicht i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt. Im Regelfall muss also entweder der Erblasser/Schenker oder der Erwerber Inländer sein. Denn im Rahmen der nur beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m. § 121 BewG unterliegt der deutschen Besteuerung nur das sog. Inlandsvermögen (§ 121 BewG), so dass die von § 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG vorausgesetzte Belastung des "Auslandsvermögens" mit ausländischer Erbschaftsteuer von vornherein nicht in Betracht kommt.
Rz. 9
Einen Fall der unbeschränkten Steuerpflicht i.S.v. § 21 Abs. 1 ErbStG bildet auch die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht deutscher Staatsangehöriger, die im Besteuerungszeitpunkt seit nicht mehr als fünf Jahren im Ausland leben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG). Gleiches galt für Erwerbe nach dem 13.12.2011 und vor dem 25.6.2017 für den Fall, dass der Steuerpflichtige nach § 2 Abs. 3 ErbStG a.F. zur Anwendung der unbeschränkten Steuerpflicht optiert hatte.
Rz. 10
Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach § 4 AStG eröffnet den Anwendungsbereich von § 21 ErbStG aber ebenso wenig wie die beschränkte Steuerpflicht i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass bei einer Besteuerung des erweiterten Inlandsvermögens alle Gegenstände, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.S.v. § 34c Abs. 1 EStG wären, der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG unterliegen und somit vielfach eine doppelte Belastung mit deutscher und ausländischer Erbschaftsteuer vorprogrammiert ist.
Rz. 11
Ungeachtet der Inländereigenschaft kann bei der Ersatzerbschaftsteuer für Familienstiftungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) keine Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuern erfolgen. Denn § 21 Abs. 1 ErbStG verweist nur auf § 2 Abs. 1 Nr. 1, nicht aber auf § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG.
III. Besteuerungsgegenstand/Auslandsvermögen
1. Vermögensgleichheit
Rz. 12
Voraussetzung für die Anrechnung einer im Ausland erhobenen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ist, dass sie sich auf denselben Erwerbsgegenstand bezieht wie die deutsche Steuer. Im Übrigen muss es sich bei diesem Gegenstand um sog. Auslandsvermögen i.S.v. § 21 Abs. 2 ErbStG handeln.
Rz. 13
Vermögen, das in Deutschland entweder gar nicht steuerbar oder in vollem Umfang steuerbefreit ist, spielt für die Anwendung von § 21 ErbStG keine Rolle; selbst wenn es als Auslandsvermögen einer ausländischen Besteuerung unterliegt, kann die hierauf entfallende Steuer nicht angerechnet werden. Teilbefreiungen oder ein unter dem Verkehrswert liegender Wertansatz sind jedoch nicht anrechnungsschädlich; das Gleiche gilt für einen etwaigen höheren Schuldenabzug. Ein solcher kann z.B. dann entstehen, wenn im Ausland die Kosten der Nachlassabwicklung (i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) nicht steuermindernd berücksichtigt werden können.
Rz. 14
Unterliegt das Auslandsvermögen in Deutschland keiner Erbschaftsbesteuerung, weil es – insgesamt – einen negativen Wert hat, scheidet die Anrechnung einer etwaigen ausländischen Steuer aus. Dies gilt auch dann, wenn auf nicht in Auslandsvermögen bestehende Teile des Erwerbs deutsche Erbschaftsteuer anfällt. Gleiches gilt im umgekehrten Fall: Soweit bestimmte Vermögensgegenstände im Ausland steuerfrei sind, kommt die Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer nicht in Betracht. Angerechnet werden können nur ausländische Erbschaftsteuern auf solche Vermögensgegenstände, die gleichermaßen im In- als auch im Ausland der Erbschaftsteuer unterliegen. Maßgeblich ist insoweit aber nicht eine Betrachtung der einzelnen Vermögensgegenständ...