I. Steuern auf Renten und wiederkehrende Nutzungen bzw. Leistungen
Rz. 3
§ 23 ErbStG ist anwendbar auf die lebzeitige unentgeltliche bzw. die vermächtnisweise Zuwendung von Renten (§ 759 BGB), dauernden Lasten oder Nießbrauchsrechten. Das Wahlrecht gilt sowohl für obligatorische wie auch dingliche Nutzungsrechte, nicht aber für den Verzicht des Schenkers auf einen vorbehaltenen Nießbrauch. Es findet auch Anwendung auf in gleichen Raten zu tilgende Kapitalforderungen. Die Norm erfasst dagegen nicht den Erwerb eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks, obwohl der Grundstückserwerber Anspruch auf den wiederkehrenden Erbbauzins hat. Auch die vom Schenker übernommene Steuer auf den Erwerb einer Rente oder einer anderen wiederkehrenden Nutzung oder Leistung fällt nicht unter § 23 Abs. 1 ErbStG. Denn die übernommene Steuer beinhaltet einen eigenständigen Erwerb, bei dem es sich nicht um einen Anspruch auf eine Rente oder wiederkehrende Leistung handelt. Insoweit besteht daher kein Wahlrecht, es tritt stets Sofortbesteuerung ein.
II. Berechnung der Jahressteuer
1. Ermittlung des Jahreswertes
Rz. 4
Stichtag für die Ermittlung des Jahreswertes ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung, § 9 ErbStG. Entscheidend für die Bewertung sind die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt. Nachträgliche Wertveränderungen wirken sich nicht aus, da die Jahressteuer lediglich die Nachteile, die bei einer sofortigen umfassenden Besteuerung nach dem Kapitalwert entstehen können, ausgleichen soll, nicht jedoch zu einer Besserstellung gegenüber einer Sofortsteuer führen darf. Der Jahreswert ermittelt sich nach den §§ 15, 16 BewG (vgl. § 15 BewG Rdn 4). Auch die Begrenzung auf den 18,6-ten Teil des Steuerwertes findet Anwendung. Bei dem Zuwendungsempfänger ist die auf die wiederkehrenden Zahlungen anfallende Einkommensteuer nicht in Abzug zu bringen.
2. Ermittlung des Steuersatzes
Rz. 5
Die Jahressteuer wird nach dem Steuersatz erhoben, der sich gemäß § 19 ErbStG für den gesamten Erwerb einschließlich des Kapitalwerts der Renten oder wiederkehrenden Nutzungen bzw. Leistungen ergibt, § 23 Abs. 1 S. 2 ErbStG. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Zuwendungsempfänger durch die Wahl der Jahressteuer in den Genuss eines niedrigeren Steuersatzes kommt. Es ist daher der Kapitalwert des zugewendeten Renten- bzw. Nießbrauchsrechts nach den § 12 Abs. 1 ErbStG, §§ 13–16 BewG zu ermitteln (vgl. § 12 ErbStG Rdn 37) und dieser zu den Werten der übrigen erworbenen Vermögensgegenstände hinzuzuzählen, um auf dieser Basis den zur Anwendung kommenden Steuersatz zu finden. Der sich danach insgesamt ergebende Steuerwert ist gemäß § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG auf volle 100 EUR abzurunden. Die Härteklausel des § 19 Abs. 3 ErbStG findet Anwendung (Beispielsfall siehe Rdn 11 ff.).
3. Ermittlung der Jahressteuer
Rz. 6
Für die Berechnung der Jahressteuer gesteht die Finanzverwaltung dem begünstigten Empfänger ein Wahlrecht zu, ob er die Steuer im Wege der sog. Aufzehrungsmethode oder der sog. Kürzungsmethode berechnen will. Im Regelfall findet die Aufzehrungsmethode Anwendung, auf Antrag des Begünstigten auch die Kürzungsmethode. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Methoden liegt in der abweichenden Berücksichtigung der persönlichen Freibeträge i.S.d. §§ 16, 17 ErbStG.
a) Aufzehrungsmethode
Rz. 7
Bei der Aufzehrungsmethode wird von der Erhebung der Jahressteuer so lange abgesehen, bis die persönlichen Freibeträge durch Verrechnung mit den Jahreswerten aufgezehrt sind. Die Freibeträge sind als erstes von dem Vermögen in Abzug zu bringen, das einer Sofortbesteuerung unterliegt. Lediglich der (Rest-)Freibetrag ist mit den Jahreswerten zu verrechnen. Die vorrangige Verrechnung mit den sofort fälligen Steuern ist für den Steuerpflichtigen günstig, da sich die Freibeträge sofort und nicht erst verzögert über die Jahreswerte der nachfolgenden Jahre auswirken. Wenn das der sofortigen Versteuerung unterfallende übrige Vermögen die Höhe der Freibeträge nicht erreicht, wird der Rest-Freibetrag bei der Jahressteuer berücksichtigt:
Beispiel
Erblasser A wendet seinem im Zeitpunkt des Todes 14 Jahre alten Sohn B im Jahr 2009 eine steuerpflichtige lebenslange Leibrente mit einem Jahreswert von 30.000 EUR sowie Barvermögen im Wert von 320.000 EUR zu. B beantragt für die Rente die Jahresversteuerung.
1. Bestimmung Jahreswert
laut Sachverhalt: |
30.000 EUR |
2. Bestimmung Steuersatz
Kapitalwert der Rente
(§ 14 Abs. 1 BewG i.V.m. BMF v. 20.1.2009)