I. Voraussetzungen für die Anrechnung
1. Steuerfestsetzung
Rz. 2
Die Abmilderung erfolgt steuertechnisch durch anteilige Anrechnung der zuvor festgesetzten Erbersatzsteuer auf die Steuer, die beim Erwerber durch die Auflösung festzusetzen wäre. Erste Voraussetzung ist also eine vorliegende Festsetzung der Erbersatzsteuer für eine in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG genannte Familienstiftung bzw. für einen Familienverein, das materielle Entstehen genügt nicht. Ob sie gezahlt ist, ist für die Anrechnung nach dem Gesetzeswortlaut ohne Bedeutung. Es ist Sache des Finanzamtes, vor Anrechnung und niederere Festsetzung bei Auflösung die Erhebung der zuvor festgesetzten Erbersatzsteuer durchzusetzen. Bei der Auflösung muss erneut Erbschaftsteuer ausgelöst werden. Da als Auflösung auch der Formwechsel eines rechtsfähigen Familienvereins in eine Kapitalgesellschaft gilt (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 3 ErbStG), ist § 26 ErbStG auch in relevanten Formwechseln anzuwenden. Zur Auflösung siehe noch Erl. zu § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG. Ist die Erbersatzsteuer entstanden und gem. § 24 ErbStG verrentet worden und wird die Familienstiftung/der Familienverein aufgelöst, ist sie mit einem Einmalbetrag abzulösen. Es liegt m.E. eine anrechenbare Erbersatzsteuer vor.
2. Zeitlicher Abstand von zwei bzw. höchstens vier Jahren
Rz. 3
Zweite Voraussetzung ist, dass die durch die Auflösung verursachte Steuer
a) |
nicht mehr als zwei Jahre seit der Entstehung der anrechenbaren Steuer, oder |
b) |
mehr als zwei Jahre, aber nicht mehr als vier Jahre seit der Entstehung der anrechenbaren Steuer entstanden ist. |
Die Abmilderung ist somit zeitlich abgestuft. Differieren die Entstehungszeitpunkte um mehr als vier Jahre, greift die Milderungsvorschrift des § 26 ErbStG nicht mehr. Für die Feststellung des in Buchst. a bzw. b genannten Zeitraums kommt es nicht auf die Festsetzungszeitpunkte, sondern auf die Entstehenszeitpunkte i.S.v. § 9 ErbStG an (Näheres siehe Erläuterungen zu § 9 ErbStG). Die Jahresfrist beginnt mit Ablauf des Tages der Steuerentstehung (§ 187 BGB) und kann innerhalb eines Kalenderjahres enden (§ 188 Abs. 2 BGB). Ist z.B. die Erbersatzsteuer zum 31.12.2016 entstanden und die Festsetzung am 10.9.2017 erfolgt, ist für die Ermittlung des im Gesetz genannten Zeitraums der 31.12.2016 maßgeblich. Wird die Familienstiftung mit Wirkung zum 1.1.2021 aufgelöst, kommt keine Abmilderung in Betracht. Wird sie dagegen zum 31.12.2020 aufgelöst, ist gleichwohl nicht sicher, ob die Anrechnung in Betracht kommt. Denn die Steuer entsteht bei Auflösung beim Erwerb erst am Tag der Ausführung der Vermögensübertragung, das kann möglicherweise auch später sein. Findet die Übertragung des Stiftungsvermögens auf einen Dritten zeitgleich mit der Auflösung noch am 31.12.2020 statt, kann nach Buchst. b 25 % der Erbersatzsteuer angerechnet werden.
3. Anrechnungsbetrag bei mehreren Berechtigten
Rz. 4
Dritte Voraussetzung ist, dass die Erbersatzsteuer mit dem Erwerb des Anfallberechtigten korrespondiert, d.h., erwirbt ein Berechtigter das gesamte Stiftungs-/Vereinsvermögen, kann die gesamte Erbersatzsteuer angerechnet werden, erwirbt er neben anderen z.B. die Hälfte, kann bei seinem Erwerb nur die halbe Erbersatzsteuer angerechnet werden. Bei mehreren Anfallberechtigten ist also die Erbersatzsteuer nach dem Verhältnis des gesamten Vermögenswertes zum vom einzelnen Anfallberechtigten erworbenen Vermögenswert (vor Abzug von Freibeträgen usw.) aufzuteilen, um den anrechnungsfähigen Betrag der Erbersatzsteuer beim jeweiligen Erwerb zu ermitteln. Ist der Erwerb eines der Berechtigten steuerbefreit, z.B. 80 % an gemeinnützige Stiftung und 20 % an zwei Nachkommen des Stifters, soll nach h.M. die Aufteilung auf Grundlage von 100 % des Gesamtvermögens vorgenommen werden, d.h. der steuerbefreite Erwerb wird außer Acht gelassen. Bekämen die Angehörigen je die Hälfte von 20 %, könnte demnach bei jedem die Hälfte der vollen Erbersatzsteuer angerechnet werden.
II. Verfahren
Rz. 5
Über die Anrechnung ist bei der Steuerfestsetzung gegenüber dem Erwerber grds. von Amts wegen zu entscheiden, der nach dem Stiftungsgeschäft der Satzung oder anderen besonderen Bestimmungen das Stiftungs-/Vereinsvermögen erwirbt. Entsprechend kann die Anrechnung nur durch Einspruch gegen den betreffenden Steuerbescheid angegriffen werden.