Rz. 16
Grundsätzlich ist der Bescheid demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der ihn zu befolgen hat (vgl. § 122 Abs. 1 AO). Regelmäßig wird dies die Person sein, die als Steuerschuldner für die Entrichtung der Steuer herangezogen wird. Die (wirksame) Bekanntgabe ist zugleich die Geburtsstunde des Bescheides. Scheitert sie, kann aus dem Bescheid nicht vorgegangen werden. Die Bekanntgabe muss dann bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung wiederholt werden, damit der Bescheid Wirkung entfalten kann. Konnte vor Ablauf der Verjährungsfrist der Bescheid nicht bekannt gegeben werden, so ist der Steueranspruch erloschen, § 47 AO. Eine trotz fehlerhafter Bekanntgabe oder trotz eingetretener Verjährung eingezogene Steuer ist von Amts wegen zu erstatten. Die Beweislast für die wirksame Bekanntgabe vor Ablauf der Festsetzungsfrist trägt die Finanzbehörde. Obgleich der Wortlaut des § 122 Abs. 2 AO etwas anderes auszusagen scheint, hat der Bekanntgabeadressat die Beweislast für die Behauptung, dass der Bescheid später als drei Tage nach Aufgabe zur Post zugegangen ist. Dass der Bescheid überhaupt zugegangen ist, hat das Finanzamt zu beweisen. Im Regelfall gilt der Bescheid nach drei Tagen (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO), bei im Ausland ansässigen Adressaten nach einem Monat (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 AO) als bekanntgegeben. Fällt der dritte Tag bzw. das Monatsende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, so verlängert sich die Frist bis zum nächsten Werktag, § 108 Abs. 3 AO. Inhaltlich betroffen sind bei Erbschaftsteuerbescheiden die Erben, die Vermächtnisnehmer oder die Pflichtteilsberechtigen. Bei Schenkungen soll zunächst gegenüber dem Beschenkten vorgegangen werden. Erst wenn dies keinen Erfolg verspricht, kann die Bekanntgabe gegenüber dem Schenker erfolgen. Bei Zweckzuwendungen wird der Bescheid dem mit der Ausführung der Zuwendung Beschwerten bekannt gegeben. In Fällen des Anfalles der Ersatzerbschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) ergeht der Bescheid gegenüber der Stiftung oder dem Verein. Sollen ergänzend Versicherungsunternehmen oder Vermögensverwahrer nach § 20 Abs. 6 ErbStG in Haftung genommen werden, so ist hierzu ein Haftungsbescheid nach § 191 AO zu erlassen. Dies ist nur bis zum Ablauf der für die Schenkung oder Erbschaft geltenden Frist möglich.
Rz. 17
Die Miterben haften nicht gesamtschuldnerisch für die Erbschaftsteuer, die insgesamt durch den Erbfall ausgelöst wird. Der einzelne Miterbe kann nur insoweit herangezogen werden, als dass die Steuer durch seinen Anteil am Nachlass ausgelöst wird (sog. Erbanfallsteuer). Aus diesem Grund ist die Bekanntgabe des Bescheides an mehrere Erben durch einen zusammengefassten Bescheid (§ 155 Abs. 3 AO) selbst dann ausgeschlossen, wenn einige oder alle Miterben eine gemeinschaftliche Steuererklärung nach § 31 Abs. 4 ErbStG abgegeben haben. Erforderlich ist damit, dass die Höhe der Steuer stets gegenüber jedem Erwerber gesondert auszuweisen ist. Allerdings ist es unschädlich, wenn mehrere Bescheide gegenständlich in einem Vorgang enthalten sind und bekannt gegeben werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nur den jeweiligen Erwerber betreffende Steuermerkmale nicht zugleich auch den übrigen Beteiligten zur Kenntnis gegeben werden, da diese dem Schutz des Steuergeheimnisses unterliegen (§ 30 AO). Aus diesem Grund darf ein Vermächtnisnehmer ohne die Zustimmung der Erben keine Angaben hinsichtlich des Reinvermögens erhalten, da seine Steuerpflicht auf den Vermächtnisgegenstand beschränkt ist. Wenn die Miterben jedoch ihr Einverständnis nach § 31 Abs. 4 S. 3 ErbStG zur Abgabe einer gemeinschaftlichen Erklärung gegeben haben, ist regelmäßig davon auszugehen, dass gegen die Offenbarung des Gesamtnachlasses gegenüber dem Vermächtnisnehmer keine Einwände bestehen. Ein zusammengefasster Bescheid nach § 155 Abs. 3 AO kommt aber bei einer fortgesetzten Gütergemeinschaft in Frage, da der Ehepartner und die Abkömmlinge hinsichtlich der auf die Abkömmlinge entfallenden Anteile gesamtschuldnerisch haften (§ 20 Abs. 2 ErbStG). Gleiches gilt für den Schenker und den Beschenkten hinsichtlich der Schenkungsteuer (§ 20 Abs. 1 ErbStG). Weitere Ausnahmen von dem Grundsatz, dass der Bescheid stets an den Steuerschuldner im Sinne des § 20 ErbStG bekannt zu geben ist, enthält § 32 ErbStG.
I. Bekanntgabe an Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter (Abs. 1)
Rz. 18
Ist auf eine testamentarische Verfügung hin ein Testamentsvollstrecker eingesetzt worden (§§ 2197 ff. BGB) oder wurde durch das Nachlassgericht die Nachlassverwaltung angeordnet (§ 1981 BGB), so darf der Bescheid nicht dem Betroffenen bekannt gegeben werden. § 32 Abs. 1 ErbStG enthält hierzu die Sonderregel, dass die Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker oder den Nachlassverwalter als Bekanntgabeadressat zu erfolgen hat. Der einen Erwerb durch Vermächtnis betreffende Steuerbescheid ist nur dann dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben, wenn dieser die Erbschaftsteuererklärung tatsächlich abgegeben hat oder zur Abgabe der ...