Rz. 3
Nachdem das JStG 1997 v. 20.12.1996 in § 37 Abs. 1 ErbStG a.F. die rückwirkende Anwendung des neuen Rechts für Erwerbszeitpunkte ab dem 1.1.1996 anordnete, ist erhebliche Kritik laut geworden, die sich bei den gesetzgeberischen Vorarbeiten zum ErbStRG wiederholte. Mit der rechtzeitigen Verkündung des Gesetzes am 31.12.2008 ist diese Kritik verstummt. Das Antragsrecht nach Art. 3 ErbStRG, nach dem die Geltung des neuen Rechts bereits für Erwerbszeitpunkte ab dem 1.1.2007 beantragt werden kann, wird regelmäßig eine Begünstigung des Steuerpflichtigen darstellen, so dass hierin keine neuerliche Rückwirkungsproblematik zu sehen ist. Insoweit § 25 ErbStG durch das ErbStRG für Erwerbszeitpunkte ab dem 1.1.2009 ersatzlos gestrichen wurde (dingliche Belastungen sind damit stets als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 ErbStG abzugsfähig), war die Fortgeltung für Erwerbszeitpunkte vor dem 1.1.2009 durch § 37 Abs. 2 ErbStG sicherzustellen.
I. Anwendung des ErbStRG 2009 (Abs. 1)
Rz. 4
Dem Stichtagsprinzip des ErbStG konsequent folgend, richtet sich die Anwendung des Gesetzes nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer durch Eintritt des Erbfalles bzw. durch Bewirkung der Schenkung. Dieser ist in § 9 ErbStG näher geregelt. Das derzeit gültige ErbStG in der aktuellen Fassung gilt für Erwerbe ab dem 1.1.2009. Allerdings konnte bis zum 30.6.2009 für Erwerbe von Todes wegen, die in der Zeit vom 1.1.2007 bis 31.12.2008 angefallen sind, die Anwendung des neuen Rechts beantragt werden (vgl. Rdn 9–17). Nach diesem Zeitpunkt tritt das Antragsrecht gem. Art. 6 Abs. 3 ErbStRG außer Kraft. Art. 6 Abs. 3 ErbStRG sah die Antragstellung bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft, längstens bis zum 1.7.2009 vor. Bei dieser sechsmonatigen Antragsfrist handelt es sich um eine materiell-rechtlich Ausschlussfrist, bei der die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in die Antragsfrist nach § 110 AO nicht zulässig ist. Hiernach handelt es sich bei der Antragsfrist nicht um eine Handlungs- oder Erklärungsfrist, die der Erwerber einzuhalten hat, sondern eher um eine gesetzliche Frist, die seitens der Verwaltung zu beachten ist.
II. Aussetzung der Steuer nach § 25 ErbStG (Abs. 2 S. 1)
Rz. 5
Ist der Abzug einer dinglichen Belastung vom Wert des erworbenen Gegenstandes nach § 25 ErbStG a.F. ausgeschlossen (z.B. Vorbehaltsnießbrauch zugunsten des Schenkers), wird bei Erbfällen, die vor dem 31.8.1980 eingetreten sind, bzw. bei Schenkungen, die vor diesem Zeitpunkt ausgeführt wurden, auf Antrag die auf die dingliche Belastung entfallene Steuer ausgesetzt. Bei Wegfall der Belastung (in der Regel durch den Tod des Nießbrauchsberechtigten oder bei Verzicht) ist die Steuer nachzuentrichten, wobei die Steuer im Zeitpunkt des Wegfalls der Belastung entsteht. Der Nachentrichtungsfall wird daher als neuer Steuerfall angesehen, so dass er nach den Vorschriften des ErbStG 2009 zu bewerten und zu besteuern ist.
III. Stundung der Steuer nach § 25 ErbStG (Abs. 2 S. 2)
Rz. 6
Geht ein Vermögensgegenstand mit einer dinglichen Last zugunsten des Schenkers oder des Ehegatten des Schenkers über, so ist für Erwerbszeitpunkte vor dem 1.1.2009 der Abzug der dinglichen Last nach § 25 ErbStG a.F. ausgeschlossen. Der auf den Wert der dinglichen Last entfallende Anteil der in voller Höhe festzusetzenden Steuer wird von Amts wegen bis zum Erlöschen der Last bzw. bis zur Veräußerung des belasteten Gegenstandes zinslos gestundet (§ 25 Abs. 2 ErbStG a.F.). Die gestundete Steuer kann auf Antrag des Steuerpflichtigen jederzeit abgelöst werden, wobei nur der auf die Laufzeit der dinglichen Belastungen abgezinste Betrag zu entrichten ist. Zur Berechnung des Ablösebetrages werden die fortlaufend fortgeschriebenen Sterbetafeln herangezogen, da in der Regel die dingliche Last durch den Tod des Schenkers bzw. seines Ehegatten bedingt ist. Auch nach Aufhebung des § 25 ErbStG ist bei Erwerben vor dem 1.1.2009 die Steuer in Höhe des Wertes der dinglichen Last zinslos zu stunden bzw. die bereits erfolgte Stundung wird aufrechterhalten. § 37 Abs. 2 S. 2 ErbStG stellt sicher, dass auch nach Inkrafttreten des ErbStRG die vorzeitige Ablösung des gestundeten Betrages beantragt werden kann. In der Regel fällt die Abwägung zwischen zinsloser Stundung und sofortiger abgezinster Ablösung zugunsten der zuletzt genannten Alternative aus, da in Fällen vorzeitigen Erlöschens der dinglichen Belastung (Tod des Begünstigten, Verzicht auf den Nießbrauch oder Veräußerung des belasteten Gegenstandes) Zinsnachteile entstehen, wohingegen nach vorzeitiger Ablösung der gestundeten Steuer das vorzeitige Erlöschen der Last bedeutungslos ist.
IV. Änderung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 (Abs. 3 S. 1)
Rz. 7
Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 wurden mit Wirkung für Erwerbe nach dem 31.12.2009 einerseits die Steuersätze in der Steuerklasse II (nahe Angehörige, vgl. § 15 ...