(1) Grundsätzliches
Rz. 121
Das Kriterium der Mindestbeteiligung wurde durch das ErbStG 2009 gegenüber der früheren Regelung um den Gesichtspunkt der möglichen Zusammenrechnung der durch den Erblasser/Schenker gehaltenen Anteile mit Anteilen anderer Gesellschafter (Poolung) erweitert. Eine solche Zusammenrechnung kommt in Betracht, wenn der Erblasser/Schenker und die anderen Gesellschafter untereinander verpflichtet sind,
1. |
über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und |
2. |
das Stimmrecht gegenüber nicht gebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. |
Rz. 122
Hintergrund dieser Regelung ist, dass nach Auffassung des Gesetzgebers in sog. Familien-Kapitalgesellschaften, deren Anteile über mehrere Generationen hinweg weitergegeben wurden, die einzelnen Gesellschafter häufig die Mindestbeteiligungsquote von mehr als 25 % nicht mehr erreichen. Die Unternehmensgründer oder die Nachfolger hätten jedoch häufig dafür gesorgt, dass die Anteile nicht beliebig veräußert werden können und der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bliebe. Im Hinblick darauf, dass derartige Unternehmen ein deutliches Gegengewicht zu Publikumsgesellschaften bildeten und eine erhebliche Beschäftigungswirkung erzielten, sei es angemessen, auch solche Anteile in die Verschonungsregelung einzubeziehen.
Rz. 123
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Poolung nur für Anteile in Betracht kommt, die die Poolbeteiligten unmittelbar halten. An diese Forderung des § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG ändert der nachfolgende Satz 2 nämlich nichts. Vor diesem Hintergrund muss es sich bei dem Pool um eine GbR ohne Gesamthandsvermögen (jedenfalls in Bezug auf die gepoolten Anteile) handeln.
Eine Poolvereinbarung i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erfordert im Einzelnen:
(2) Verfügungsbeschränkung
Rz. 124
Die Verfügungsbeschränkung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG hat zwei Facetten; zum einen die Verpflichtung, "über die Anteile nur einheitlich zu verfügen", und zum anderen die Verpflichtung, die Anteile "ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen".
Rz. 125
Der Begriff der "Verfügung" ist in diesem Zusammenhang etwas anders zu verstehen als in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre; nämlich als Übertragung von Gesellschaftsanteilen (bzw. des Eigentums an Anteilen). Da es auf die Frage der Entgeltlichkeit in diesem Zusammenhang nicht ankommt, sind auch schenkweise Übertragungen als Verfügungen anzusehen. Diese Sichtweise steht auch im Einklang mit der Gesetzesbegründung, der zu Folge eine beliebige Veräußerung der Anteile ausgeschlossen sein soll. Vor diesem Hintergrund sollte auch davon auszugehen sein, dass die Belastung von Anteilen mit dinglichen Rechten, z.B. einem Nießbrauch, ebenso wie eine Verpfändung an und für sich nicht als Verfügungen anzusehen sind und daher von der Poolvereinbarung nicht erfasst sein müssen. Dies sollte jedenfalls dann gelten, wenn das Stimmrecht nach wie vor beim Anteilseigner liegt oder der Nießbraucher verpflichtet ist, ein etwa ihm zustehendes Stimmrecht entsprechend den Regelungen der Poolvereinbarung auszuüben. Im Falle der Verpfändung ist jedoch zu beachten, dass spätestens die Pfandverwertung zu einer nicht einheitlichen Verfügung führen würde und daher schädlich wäre. Vor diesem Hintergrund erscheinen Verpfändungen an nicht zum Kreis der durch die Poolvereinbarung gebundenen Gesellschafter gehörende Dritte insgesamt als problematisch.
Rz. 126
Nicht unter den Verfügungsbegriff sollten aber Übergänge von Todes wegen anzusehen sein. Dies insbesondere deshalb, weil im Hinblick auf § 2302 BGB Poolvereinbarungen, durch die sich die Beteiligten verpflichten, bezüglich ihres Erbfalls bestimmte Regelungen zu treffen, nichtig wären und daher eine Erfüllung des Petitums, auch Beschränkungen für den Übergang von Todes wegen zu vereinbaren, gar nicht erfüllbar wäre. Im Übrigen stellt der Erwerb des Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB rein begrifflich keine "Übertragung" dar, es handelt sich vielmehr um einen Erwerb von Gesetzes wegen (Vonselbsterwerb durch Gesamtrechtsnachfolge).
Rz. 127
Auch wenn der Begriff der Einheitlichkeit der Verfügung in der Gesetzesbegründung nicht näher definiert wird, ist dieses Tatbestandsmerkmal nicht unbedingt wortwörtlich zu verstehen. Entscheidend ist vielmehr, dass Verfügungen nur nach denselben Kriterien, denselben Standards und Grundsätzen zulässig sein dürfen. Es ist aber nicht erforderlich, dass über sämtliche der Poolverei...