Rz. 91
Gemäß § 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG kann der Abzugsbetrag innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe (ein und desselben Erwerbers) nur einmal in Anspruch genommen werden (zum Umfang vgl. Rdn 83 f.). Für die Inanspruchnahme in diesem Sinne kommen nicht nur Erwerbe nach dem 30.6.2016 in Betracht; vielmehr sind alle Erwerbe nach dem 31.12.2008 einzubeziehen.
Da die Verschonungsregelungen des ErbStG erwerberbezogen ausgestaltet sind, schließt die Vorschrift gerade nicht aus, dass bei mehreren Zuwendungen von einem Erblasser/Schenker unterschiedliche Begünstigte jeweils den vollen Abzugsbetrag in Anspruch nehmen können.
Rz. 92
Die 10-Jahres-Frist beginnt im Zeitpunkt der Steuerentstehung für den begünstigten Erwerb. Für den Fall, dass der Abzugsbetrag bei dieser (der ersten von dem jeweiligen Erblasser/Schenker stammenden) Zuwendung nicht vollständig in Anspruch genommen wird, sollte dennoch diese (erste) Zuwendung für den Fristbeginn maßgeblich sein. Denn es ist nicht einzusehen, warum derjenige Erwerber, der im Rahmen der ersten ihm zuteil werdenden Zuwendung weniger Vermögen erhält als zur vollständigen Ausschöpfung des Abzugsbetrages notwendig wäre, schlechter gestellt wird als derjenige, bei dem sich der Abzugsbetrag aufgrund der ersten Zuwendung bereits vollständig auswirkt.
Rz. 93
Nichtsdestotrotz wird die zehnjährige Sperrfrist auch in solchen Fällen in Gang gesetzt, in denen der Abzugsbetrag wegen seiner Ausgestaltung als gleitende Freigrenze und im Hinblick auf den Wert des begünstigten Vermögens auf 0 EUR abgeschmolzen wird. Eine tatsächliche Auswirkung des Abzugsbetrages auf die Höhe der vom Erwerber geschuldeten Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ist nicht erforderlich. Andernfalls würde nämlich entgegen dem ausdrücklich dokumentierten Willen des Gesetzgebers ein Aufspalten größerer Zuwendungen in mehrere Zuwendungen – ungeachtet § 14 ErbStG – einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil ermöglichen.
Rz. 94
Beim Widerruf einer Schenkung entfällt gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die Steuerpflicht. Gleiches muss in diesem Fall auch für die Inanspruchnahme der Verschonungen des § 13a ErbStG, insb. des Abzugsbetrages gelten. Dieser kann somit erneut in Anspruch genommen werden. Die erneute Inanspruchnahme muss auch rückwirkend, also für nach der widerrufenen Schenkung aber vor dem Widerruf erfolgte weitere begünstigungsfähige Übertragungen möglich sein, soweit für diese der Abzugsbetrag nur im Hinblick auf die zehnjährige Sperrfrist (bislang) nicht zu gewähren war.
Rz. 95
Ebenso sollten Fälle zu behandeln sein, in denen der einmal gewährte Abzugsbetrag wegen eines Verstoßes gegen die nachlaufenden Verpflichtungen, insb. die Fortführungsbedingungen nach § 13a Abs. 6 ErbStG, entfällt. Dieses Ergebnis liegt für nach Eintritt des Nachsteuerfalls erfolgende weitere begünstigte Zuwendungen auf der Hand. Für vor Eintritt des Nachsteuerfalls erfolgende Zuwendungen gilt dies jedoch ebenfalls. Denn der nachträgliche vollständige Wegfall des Abzugsbetrages (auch infolge eines Nachsteuerfalls) führt dazu, dass damit der Lauf der Sperrfrist rückwirkend entfällt und der Abzugsbetrag bei einer erneuten (nach der ersten erfolgenden) Zuwendung begünstigten Vermögens sofort neu in Anspruch genommen werden kann.
Rz. 96
Wird durch die Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe innerhalb von zehn Jahren gem. § 14 ErbStG ein "Gesamtwert" des begünstigten Vermögens erreicht, der eine Abschmelzung oder gar einen vollständigen Wegfall des Abzugsbetrages verursachen würde, hat dies auf den Bestand des für die erste Zuwendung gewährten Abzugsbetrages grds. keinen Einfluss. Insoweit behalten beide Erwerbe ihre steuerliche Selbstständigkeit. Eine gesetzliche Regelung, derzufolge der spätere Erwerb in die Prüfung der Wertgrenze beim früheren Erwerb einzubeziehen wäre, enthält § 13a Abs. 2 ErbStG nicht. Können bei einer – zusammenrechnungsbedingten – Überschreitung des Schwellenwerts von 26 Mio. EUR sämtliche Privilegierungen nach § 13a ErbStG rückwirkend entfallen. Das kann auch den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG mit einschließen.