Rz. 295

Überentnahmen i.S.v. § 13 Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG liegen dann vor, wenn die Entnahmen während des Betrachtungszeitraums (zwischen dem Zeitpunkt des begünstigten Erwerbs und dem Ende des letzten vor Ende der Behaltensfrist ablaufenden Wirtschaftsjahres) die Summe der im selben Zeitraum erwirtschafteten Gewinne und Einlagen um mehr als 150.000 EUR (Entnahmefreibetrag) übersteigt.[710] Der Entnahmefreibetrag ist erwerberbezogen.[711] Außerdem muss er für jede privilegiert erworbene betriebliche Einheit selbstständig gewährt werden.[712] Bei Konzern- bzw. Holdingstrukturen ist aber natürlich auf die übertragungsgegenständliche Spitzeneinheit abzustellen.[713]

 

Rz. 296

Vor dem Hintergrund, dass nach dem ErbStG 2016 Verwaltungsvermögen (mit Ausnahme des unschädlichen Verwaltungsvermögens), junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel von vornherein nicht begünstigt sind, müssen Entnahmen solchen Vermögens im Rahmen der Anwendung von § 13 Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG irrelevant sein (vgl. Rdn 290). Sie sind daher bei der Berechnung des Wertes der im Beobachtungszeitraum erfolgten Entnahmen außen vor zu lassen. Eine spiegelbildliche Einschränkung betreffend Einlagen von Gegenständen des Verwaltungsvermögens besteht aber wohl nicht.

 

Rz. 297

Da es für die Ermittlung der Überentnahmen nicht nur auf Gewinne und Entnahmen während des Betrachtungszeitraums ankommt, sondern auch auf Einlagen, können drohende Überentnahmen auch noch gegen Ende der Behaltensfrist durch Einlagen ausgeglichen werden. Hierin liegt grds. kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 AO.[714] Dies gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn die Einlagen aus vorhandenem privatem Vermögen geleistet werden. Soweit die Einlagen fremdfinanziert sind, können sie allerdings als betriebliche Schulden bzw. als negatives Sonderbetriebsvermögen des Erwerbers anzusehen sein mit der Folge, dass zu berücksichtigende Einlagen nicht gegeben sind.[715]

[710] R E 13a.15 Abs. 1 S. 1 ErbStR 2019.
[711] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a Rn 347.
[712] Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a Rn 89; die Richtlinien (R E 13a.15 Abs. 1 ErbStR 2019) sind allerdings insoweit nicht eindeutig, vgl. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a Rn 347.
[713] R E 13a.15 Abs. 1 S. 7 ErbStR 2019; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a Rn 365; Söffing/Bron, DStR 2016, 1913, 1914; zu sich daraus ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten vgl. Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a Rn 138; Stalleiken, in: v. Oertzen/Loose, ErbStG, § 13a Rn 166; Wälzholz, ZEV 2017, 444, 445.
[714] R E 13a.15 Abs. 4 S. 1 ErbStR 2019; vgl. aber auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a Rn 368 zum Missbrauchsrisiko bei Entnahmen kurz nach dem Ende der Behaltensfrist.
[715] R E 13a.15 Abs. 4 S. 2 u. 3 ErbStR 2019.

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