Rz. 20
Spiegelbildlich zu § 4 BewG regelt § 6 Abs. 1 BewG, dass aufschiebend bedingte Lasten bei der Bewertung zunächst unberücksichtigt bleiben. Tritt die Bedingung ein, gilt § 5 Abs. 2 BewG entsprechend (§ 6 Abs. 2 BewG). Demzufolge kann auf Antrag des Steuerpflichtigen (innerhalb der entsprechenden Frist) eine Berichtigung der ursprünglichen Steuerfestsetzung erfolgen und der nach Bedingungseintritt tatsächlich (noch) vorhandene Wert des Erwerbs zugrunde gelegt werden. Voraussetzung ist allerdings in jedem Fall, dass der Bedingungseintritt tatsächlich eine wirtschaftliche Belastung verursacht.
Rz. 21
Auflösend bedingte Lasten werden gem. § 7 Abs. 1 BewG grds. wie unbedingte abgezogen. Etwas anderes gilt nur für die Berücksichtigung von Nutzungsrechten unbestimmter Dauer, deren Bewertung sich nach §§ 13 Abs. 2 und 3, 14, 15 Abs. 3 BewG richtet. Tritt die Bedingung ein, erfolgt die Berichtigung der Steuerfestsetzung von Amts wegen. Es gilt § 175 Abs. 1 S. 2 AO, so dass die Festsetzungsfrist erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Bedingung eintritt.
Rz. 22
Lasten i.S.d. §§ 6 und 7 BewG sind Verpflichtungen zu Leistungen jeder Art, insb. Schulden. Wesentlich ist, dass das Bestehen bzw. Entstehen der Lasten bereits dem Grunde nach ungewiss sein muss. Eine Ungewissheit nur hinsichtlich der Höhe fällt nicht unter die Regelungen der §§ 6 und 7 BewG. Sie sind vielmehr stets am jeweiligen Stichtag zu berücksichtigen und ggf. nach § 162 Abs. 1 AO zu schätzen. Alternativ kann auch eine vorläufige Steuerfestsetzung (§ 164 AO) oder eine Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 165 Abs. 1 AO erfolgen.
Rz. 23
Ob es sich bei der aufschiebend bedingten Last um eine vom Erblasser/Schenker stammende handelt (insb. sog. Erblasserschuld) oder ob sie anlässlich des steuerpflichtigen Erwerbs erst begründet wird (z.B. aufschiebend bedingte Pflegeauflage oder ähnliches), spielt keine Rolle.
Rz. 24
Für die Bewertung aufschiebend bedingter Lasten kommt es entscheidend auf den Stichtag der ursprünglichen, also der zu berichtigenden Steuerfestsetzung an. Im Erbfall ist dies regelmäßig der Todestag. Nichtsdestotrotz kann die Bewertung – entsprechend § 6 BewG – erst im Zeitpunkt des Bedingungseintritts erfolgen. Vor diesem Hintergrund wurde in der Vergangenheit angenommen, der zum Bedingungseintritt ermittelte Wert sei auf den Zeitpunkt der zu berichtigenden Veranlagung abzuzinsen, um so den Zinsvorteil auszugleichen, der dem Steuerpflichtigen durch die erst später eintretende Belastung erwächst. Dies hat der BFH nun jüngst anders entscheiden. Er geht davon aus, dass § 12 Abs. 3 ErbStG keine Grundlage für eine Abzinsung bietet und daher der volle, nicht abgezinste Betrag der Belastung abzuziehen ist.
Rz. 25
Die Grundsätze zum Abzug auflösend bedingter Lasten werden seitens der Finanzverwaltung auch im Bereich der Besteuerung des Erwerbs gemeinnütziger Einrichtungen bzw. von Anteilen an solchen angewendet. Hierbei wird eine gemeinnützigkeitsrechtliche Bindung des betroffenen Vermögens wie eine auflösend bedingte Last berücksichtigt.