Rz. 411
Im Zusammenhang mit den vielschichtigen Regelungen zur Verschonung produktiven Vermögens ergeben sich verschiedenste Gestaltungsüberlegungen, von denen einige nachfolgend kurz umrissen werden sollen.
I. Option zur Vollverschonung
Rz. 412
Voraussetzung für die Anwendung der Vollverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG ist insb., dass der Anteil des Verwaltungsvermögens einen Grenzwert von 20 % nicht überschreitet. Im Hinblick darauf, dass die Überschreitung des Grenzwertes zwar auf Ebene der übertragungsgegenständlichen wirtschaftlichen Einheit (z.B. Betrieb, Mitunternehmeranteil, Kapitalgesellschaftsbeteiligung) zu prüfen ist, im Rahmen dieser Prüfung aber bei mehrstufigen Strukturen und Konzernverhältnissen auf die Verbundvermögensaufstellung abzustellen ist, gilt es insoweit, sich im Rahmen der Nachfolgeplanung einen möglichst genauen Überblick hierüber zu verschaffen.
Rz. 413
Die mit der Wahl der Optionsverschonung verbundenen Fortführungsbedingungen, insb. auch die erhöhten Lohnsummen sind mitunter nur schwer zu erfüllen. Somit dürfte die Ausübung der Option nur für diejenigen Unternehmen sinnvoll sein, die von konjunkturellen Marktbewegungen weitgehend unabhängig sind und deren Beschäftigtenzahl voraussichtlich auch in Zukunft stabil bleiben wird. Im Übrigen ist zu empfehlen, die Abgabe der (unwiderruflichen) Erklärung, die Vollverschonung in Anspruch nehmen zu wollen, möglichst lange hinauszuzögern. Maximal ist dies bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung möglich. Es kann sich daher anbieten, die Steuerfestsetzung möglichst lange verfahrensrechtlich offenzuhalten.
II. Mehrfache Nutzung des Abzugsbetrages
Rz. 414
Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG ist erwerberbezogen. Das bedeutet, dass im Falle der Zuwendung begünstigten Vermögens an mehrere Erwerber jedem einzelnen Erwerber ein eigener Abzugsbetrag zukommen kann. Somit ist es möglich, durch bewusste Einschaltung beispielsweise des Ehepartners oder von Geschwistern des ins Auge gefassten Nachfolgers den Abzugsbetrag sozusagen zu vervielfältigen, wenn die "zusätzlichen" Empfänger das erworbene Vermögen an den schlussendlichen Unternehmensnachfolger weiter übertragen. Wichtig ist, dass eine Weiterleitungsverpflichtung hier nicht vereinbart werden darf, da diese zu einer Anwendung von § 13a Abs. 5 ErbStG führen und die mehrfache Inanspruchnahme des Abzugsbetrages gerade ausschließen würde. Im Übrigen ist selbstverständlich darauf zu achten, dass derartige Gestaltungen wenigstens sehr nahe am Anwendungsbereich von § 42 AO liegen und sicherlich nur anerkannt werden können, wenn – jedenfalls im Zeitpunkt der Zuwendung – eine Beteiligung der weiteren Erwerber auch tatsächlich gewollt ist. Vor diesem Hintergrund kommt die angesprochene Gestaltung wahrscheinlich in erster Linie bei der Einbeziehung des Ehegatten des ursprünglichen Unternehmenseigentümers in Betracht. Hier lässt sich ohne Weiteres argumentieren, dass die Beteiligung am Unternehmen der Absicherung im Alter diene. Soweit es sich beim Ehegatten auch um den anderen Elternteil des eigentlichen Unternehmensnachfolgers handelt, ist eine Zuwendung seiner Beteiligung von Todes wegen sicherlich auch aus der Sicht der Finanzverwaltung keine überraschende Wendung.
III. Übernahme der Schenkungsteuer
Rz. 415
Im Regelfall ist es im Hinblick auf § 10 Abs. 2 ErbStG eine sinnvolle Maßnahme zur Reduzierung der Gesamtsteuerbelastung, wenn der Schenker die Schenkungsteuer übernimmt.
Dies gilt aber nicht im Falle der Schenkung von begünstigtem Vermögen i.S.d. §§ 13a, 13b und 13c ErbStG. Denn der Wert, um den sich die steuerliche Bemessungsgrundlage durch die Übernahme der Schenkungsteuer erhöht, bildet einen nicht begünstigungsfähigen Teil der Zuwendung. Vor diesem Hintergrund kann es rechnerisch vorteilhafter sein, den zur Begleichung der Schenkungsteuer des Erwerbers erforderlichen Geldbetrag vor der Zuwendung in das Betriebsvermögen einzulegen, so dass auch insoweit eine Inanspruchnahme des Bewertungsabschlages i.H.v. 85 % (§ 13b Abs. 1 ErbStG) ermöglicht wird. Zu beachten sind hier allerdings die sich aus § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG (Finanzmittel als Verwaltungsvermögen) und insb. auch aus § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2 ErbStG (junge Finanzmittel) ergebenden Einschränkungen.
IV. Gestaltungsmöglichkeiten bei der Lohnsumme
Rz. 416
Auch wenn im Hinblick auf den fünfjährigen Betrachtungszeitraum zur Ermittlung der Ausgangslohnsumme kurzfristige Gestaltungen nur vergleichsweise geringe Auswirkungen haben, ist es natürlich sinnvoll, im Rahmen des Möglichen die Ausgangslohnsumme niedrig zu halten. So kann es im Einzelfall sinnvoll sein, die Auszahlung von Boni und ähnlichen Sondervergütungen kurz vor der Übertragung zu vermeiden und diese auf einen Zeitpunkt nach der Übertragung zu verschieben. Der Effekt ist hierbei ein doppelter. Zum einen reduziert sich – wenn auch in bescheidenem Umfang – die Ausgangslohnsumme, zum anderen kann die Zahlung der Sondervergütungen einen – wenn vielleicht auch (ebenfalls...