Rz. 22
Die Gesamthöhe der Steuerbelastung ist bei der Jahresversteuerung abhängig von der tatsächlichen Laufzeit des Rechts. Je länger die Rentenzahlungen erfolgen, desto höher wird die Gesamtsteuerbelastung. Die tatsächliche Laufzeit ist bei einer Sofortversteuerung auf Basis des Kapitalwertes der wiederkehrenden Leistungen dagegen irrelevant. Da die Berechnung des Kapitalwertes stets an die statistische Lebenserwartung anknüpft, ist die Sofortversteuerung günstiger, wenn der begünstigte Empfänger länger als die statistische Lebenserwartung lebt. Bei kürzerer Lebensdauer ist dagegen die Jahresversteuerung vorteilhaft. Bis zum 31.12.2008 berechnete sich der Kapitalwert des Nutzungsrechts aus der Anknüpfung an veraltete Sterbetafeln (1986/88). Daraus ergaben sich eine deutlich kürzere Lebenserwartung und damit deutlich niedrigere Kapitalwerte, die eine Sofortbesteuerung zusätzlich vorzugswürdig erscheinen ließen. Dieser Vorteil ist zum 1.1.2009 durch die Bezugnahme auf die jeweils aktuellen Sterbetafeln und die damit angepasste Lebenserwartung entfallen.
Rz. 23
Wählt der Begünstigte innerhalb der Jahresversteuerung die Kürzungsmethode (vgl. Rdn 8), führt dies dazu, dass im Ergebnis auch die Höhe der Freibeträge von der tatsächlichen Laufzeit des Rechts abhängen. Denn wenn der Betroffene länger als die Lebenserwartung lebt, kommt ihm tatsächlich durch die fortdauernde anteilige Kürzung des Jahreswertes insgesamt ein höherer Freibetrag als der gesetzliche Freibetrag zugute. Denn auch die anteilige Kürzung des Freibetrages orientiert sich an der statistischen Lebenserwartung. Aus dem Gesundheitszustand des begünstigten Empfängers ergeben sich in der Praxis jedoch selten verlässliche Anhaltspunkte für dessen Lebenserwartung (Ausnahme: bereits vorliegende verlässliche ärztliche Diagnosen). Im Einzelfall kann es geboten sein, den Steuerbescheid möglichst lange offen zu halten.
Rz. 24
Demgegenüber ist es bedeutsamer, ob der begünstigte Empfänger über die Mittel verfügt, um die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer bei der Sofortversteuerung bezahlen zu können. Ist das nicht der Fall, sollte die Jahressteuer gewählt werden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Jahresversteuerung zwei Nachteile gegenüber der Sofortversteuerung hat:
1. |
Die Jahressteuer ist jährlich im Voraus zu entrichten, während die Sofortsteuer einen für den Empfänger günstigeren Mittelwert aus jährlich vorschüssigen und nachschüssigen Zahlungen zugrunde legt. |
2. |
Soll die einmal gewählte Jahressteuer zu einem späteren Zeitpunkt abgelöst werden (vgl. Rdn 16 ff.), führt dies zu einer höheren Gesamtsteuerbelastung als wenn unmittelbar die Sofortversteuerung gewählt worden wäre. Denn mit jedem weiteren vollendeten Lebensjahr steigt die Gesamtlebenserwartung. Zur Verdeutlichung: Im Beispiel Rdn 16 beträgt die Lebenserwartung im Alter von 35 Jahren für den Sohn 42,99 Jahre (77,99 Jahre gesamt) und im Alter von 47 Jahren 31,72 Jahre (78,72 Jahre gesamt). Es ist daher nicht möglich, ohne Nachteile zu einer Ablösung der Steuer zu wechseln, wenn sich zeigt, dass die statistische Lebenserwartung wahrscheinlich überschritten werden wird. |
Rz. 25
Bei einer späteren Ablösung der Jahressteuer erweist sich die Kürzungsmethode als vorteilhaft gegenüber der Aufzehrungsmethode (Berechnungsbeispiel siehe Rdn 8). Ist deshalb unter Umständen eine Ablösung der Jahressteuer geplant, sollte von Beginn an die Jahressteuer unter Anwendung der Kürzungsmethode berechnet und ein entsprechender Antrag bei der Finanzverwaltung gestellt werden.
Rz. 26
Mit Urt. v. 18.1.2011 hat der BFH für die Veranlagungszeiträume ab 1999 (nach Abschaffung des § 35 EStG) einen Sonderausgabenabzug der Jahressteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als dauernde Last verneint. Die Erbschaftsteuer als nichtabzugsfähige Personensteuer i.S.v. § 12 Nr. 3 EStG wird durch die von der Sofortbesteuerung abweichende Zahlungsweise nicht einkommensteuerlich berücksichtigungsfähig. Ab Veranlagungszeiträumen 2009 kommt eine Minderung der Einkommensteuer durch die Jahressteuer nach den Grundsätzen des § 35b EStG in Betracht. Dies gilt aber nicht für den Ablösebetrag der Jahressteuer.