I. Wahlrecht bei vorzeitiger Herausgabe des Nacherbschaftsvermögens (Abs. 2)
Rz. 216
Auch für den Fall der Herausgabe des Nacherbschaftsvermögens vor Eintritt des Nacherbfalls soll der begünstigte Nacherbe – grds. entsprechend dem Eintritt des Nacherbfalls (§ 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG) – die Wahl haben, ob er der Besteuerung das Verhältnis zum Vorerben oder zum Erblasser zugrunde legen will. Im letztgenannten Fall muss er nach § 7 Abs. 2 ErbStG einen entsprechenden Antrag stellen. Entscheidend für die Ausübung des Wahlrechts sind die evtl. günstigere Steuerklasse bzw. höhere persönliche Freibeträge im Verhältnis zum Vorerben oder zum Erblasser (vgl. auch § 6 ErbStG Rdn 7).
Überträgt der Vorerbe neben dem Nacherbschaftsvermögen auch eigenes Vermögen auf den Nacherben, gelten die Regelungen des § 6 Abs. 2 S. 3 bis 5 ErbStG entsprechend, § 7 Abs. 2 S. 2 ErbStG (vgl. § 6 ErbStG Rdn 28 ff.).
Rz. 217
In § 7 Abs. 2 ErbStG fehlt jedoch ein Verweis auf § 6 Abs. 3 ErbStG. § 6 Abs. 3 ErbStG regelt, dass die Vorerbfolge als auflösend bedingt und die Nacherbfolge als aufschiebend bedingter Erwerb anzusehen ist, wenn die Nacherbfolge nicht durch den Tod des Vorerben eintritt. Der Erwerb wird daher im Ergebnis wie ein unmittelbarer Erwerb vom Erblasser behandelt. Es kommt in diesem Fall zu einer anteiligen Anrechnung der vom Vorerben entrichteten Steuer (vgl. § 6 ErbStG Rdn 10, 34). Eine Anrechnung der vom Vorerben entrichteten Erbschaftsteuer scheidet bei vorzeitiger Herausgabe des Nacherbschaftsvermögens mangels Verweis auf § 6 Abs. 3 ErbStG aus. Das in § 7 Abs. 2 ErbStG vorgesehene Wahlrecht ermöglicht lediglich die Heranziehung der günstigeren Steuerklasse bzw. des vorteilhafteren persönlichen Freibetrages. Der Erwerb selbst wird jedoch nicht als Erwerb unmittelbar vom Erblasser eingestuft, sondern bleibt auch bei Ausübung des Wahlrechts gem. § 7 Abs. 2 ErbStG ein Erwerb vom Vorerben. Damit kann der begünstigte Nacherbe vor allem eine Zusammenrechnung nach § 14 ErbStG nicht verhindern, wenn er für einige vorzeitig herausgegebene Nacherbschaftsvermögensgegenstände von seinem Wahlrecht Gebrauch macht und für andere nicht. Da es sich stets um einen Erwerb vom Vorerben handelt, sind alle Erwerbe des Nacherben von diesem zusammenzurechnen, unabhängig davon, wie er von seinem Wahlrecht nach § 7 Abs. 2 ErbStG Gebrauch macht.
II. Nicht in Geld bezifferbare Gegenleistungen (Abs. 3)
Rz. 218
§ 7 Abs. 3 ErbStG stellt lediglich klar, dass bei allen Schenkungen eine nicht in Geld bezifferbare Gegenleistung bei der Bestimmung der Bereicherung nicht berücksichtigt werden kann. Als nicht bezifferbare Gegenleistungen kommen z.B. die Zustimmung zur Ehescheidung oder zur Eheschließung, die Herstellung von Geschäftskontakten, das Ergreifen eines bestimmten Berufes, der Beitritt zu einem bestimmten Verein oder das gesteigerte Ansehen durch die öffentliche Würdigung des Mäzens in Betracht. Der Geldeswert einer Gegenleistung bestimmt sich dabei stets nach den Ansichten der Gesellschaft im Zuwendungszeitpunkt.
Rz. 219
Nach dem Gesetzeswortlaut erstreckt sich die Unbeachtlichkeit nur auf die Berechnung der Höhe der Bereicherung. Ist dagegen zu beurteilen, ob es sich um eine freigebige unentgeltliche Zuwendung handelt, können diese Motive berücksichtigt werden. Zwar wird es sich oftmals um unbeachtliche Motive handeln. Geht aber der Zuwendende davon aus, dass es sich um eine geldwerte Gegenleistung handelt, kann dies im Einzelfall den Tatbestand einer Schenkung ausschließen. Dies muss jedoch der Zuwendende darlegen und beweisen, was ihm nur in den seltensten Fällen gelingen dürfte.
III. Kein Ausschluss der Steuerpflicht bei Belohnung, Auflage oder lästigem Vertrag (Abs. 4)
Rz. 220
Die Steuerpflicht einer Schenkung wird gem. § 7 Abs. 4 ErbStG nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie zur Belohnung oder unter einer Auflage gemacht oder in die Form eines lästigen Vertrages gekleidet wird. Auch diese Norm, die für alle Formen von Schenkungen gilt, hat lediglich klarstellende Bedeutung.
1. Belohnende (remuneratorische) Schenkung
Rz. 221
Aus zivilrechtlicher Sicht wird dem Beschenkten bei einer belohnenden Schenkung von dem Schenker eine nicht geschuldete Belohnung für eine erbrachte Leistung zugewandt. Der Zuwendende handelt dabei im Bewusstsein, nicht zu der Leistung verpflichtet zu sein. Der Schenkung liegt eine besondere Motivationslage (in der Regel Dankbarkeit für die vorangegangene Leistung) zugrunde, die für die Besteuerung keine Auswirkungen hat. Abzugrenzen ist eine solche Belohnung von einer Entlohnung, die eine Gegenleistung beinhaltet. So beinhaltet beispielswei...