I. Berechnung des Entlastungsbetrages
Rz. 10
Die Tarifermäßigung gem. § 19a Abs. 3 und Abs. 4 ErbStG wird auf der Grundlage einer Verhältnisrechnung festgestellt. Der Wert des nach Abs. 2 S. 1 tarifbegünstigten Vermögens, vermindert um den Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 (bzw. § 13a Abs. 1 i.V.m. § 13a Abs. 10, § 13c Abs. 1 ErbStG) und den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG und vermindert um den abzugsfähigen Teil der mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten (§ 10 Abs. 5 und Abs. 6 ErbStG), wird zum Wert des gesamten Vermögensanfalls in Verhältnis gesetzt.
Rz. 11
Maßgeblich ist dabei der der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegende Vermögensanfall (§ 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG). Soweit also – abgesehen von den Verschonungen für Produktivvermögen – sachliche Steuerbefreiungen bestehen, sind diese ebenso zu kürzen wie Nachlassverbindlichkeiten oder die bei Schenkungen abzugsfähigen Schulden und Lasten einschließlich der Erwerbsnebenkosten, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen.
Es gilt also eine Nettobetrachtung, bei der mit der Entlastungswirkung des § 13a ErbStG auf der Aktivseite eine entsprechende Kürzung der mit dem jeweiligen Aktivvermögen zusammenhängenden Schulden einhergeht.
Voraussetzung für die Schuldenkürzung ist, dass die jeweiligen Lasten mit dem begünstigten Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Soweit ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang für Nachlassverbindlichkeiten oder bei Schenkungen abzugsfähige Schulden und Lasten bzw. Erwerbsnebenkosten mit einzelnen Vermögensgegenständen nicht besteht, werden sie grundsätzlich nicht gekürzt; das Gleiche gilt für persönliche Freibeträge. Diese sind i.R.d. Verhältnisrechnung nicht abzuziehen.
Rz. 12
Allerdings wurde durch das Jahressteuergesetz 2020 § 10 Abs. 6 ErbStG geändert, so dass nun (für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 28.12.2020 entsteht) gem. § 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG auch Schulden und Lasten, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einzelnen (explizit begünstigten) Vermögensgegenständen stehen, nur (noch) anteilig abgezogen werden dürfen. In diesem Fall bemisst sich der Anteil der abzugsfähigen Schulden nach dem Verhältnis des Werts des begünstigten Vermögens (nach Abzug der mit diesem in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten) zum Gesamtwert des Vermögenserwerbs (nach Abzug aller Schulden und Lasten, § 10 Abs. 6 S. 7 ErbStG). Dabei ist gem. § 10 Abs. 6 S. 8 ErbStG im Hinblick auf das begünstigte Produktivvermögen auf dessen Gesamtwert (nicht aber auf den Wert der einzelnen in diese Kategorie fallenden Vermögensgegenstände) abzustellen. Diese Regelungen sind auch im Rahmen der Anwendung von § 19a ErbStG zu berücksichtigen.
Rz. 13
Gem. § 19a Abs. 4 ErbStG ist zur Ermittlung des Entlastungsbetrages zunächst die Steuer für den gesamten Erwerb nach der tatsächlichen Steuerklasse des Erwerbers zu berechnen und im Verhältnis des tarifbegünstigten Vermögens zum gesamten erworbenen Vermögen (nach § 19a Abs. 3 ErbStG) aufzuteilen. Hernach ist die Steuer alternativ unter Zugrundelegung der Steuerklasse I zu berechnen und wiederum nach dem Verhältnis gem. § 19a Abs. 3 ErbStG aufzuteilen. In beiden Fällen ist der Härteausgleich nach § 19 Abs. 2 ErbStG zu beachten. Für den zu berücksichtigenden persönlichen Freibetrag ist stets die tatsächliche Steuerklasse des Erwerbers maßgeblich.
Schließlich wird der auf das tarifbegünstigte Vermögen entfallende Teil der Steuer nach Steuerklasse I von dem Betrag der sich nach der tatsächlichen Steuerklasse des Erwerbers ergebenden Steuerbelastung abgezogen. Die Differenz bildet den Entlastungsbetrag.
Rz. 14
Beispiel
Unternehmer U hat seinen eingetragenen Lebenspartner (Steuerklasse III) zum Alleinerben eingesetzt. Zum Nachlass gehört ein Gewerbebetrieb (Steuerwert 700.000 EUR) und ein Anteil von 40 % an einer GmbH (Steuerwert 500.000 EUR). Verwaltungsvermögen, das 10 % des gemeinen Werts des jeweiligen Betriebs übersteigt, ist nicht vorhanden; ebenso wenig junges Verwaltungsvermögen oder junge Finanzmittel. Bei der GmbH liegen die Voraussetzungen des § 13a Abs. 9 ErbStG nicht vor. Die Gewährung der Optionsverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG hat der Erbe nicht beantragt. Im Zusammenhang mit der Anschaffung der GmbH-Anteile hatte U einen Kredit aufgenommen, der im Zeitpunkt des Erbfalls noch mit 250.000 EUR valutiert. Im Übrigen besteht der Nachlass ausschließlich aus Kapitalvermögen mit einem Wert von 1,3 Mio. EUR.
Es ergibt sich folgende Steuerberechnung:
Betriebsvermögen (begünstigt) |
700.000 |
|
|
GmbH-Anteil (begünstigt) |
500.000 |
|
|
begünstigtes Vermögen |
1.200.000 |
1.200.000 |
|
Verschonungsabschlag, § 13a Abs. 1 ErbStG (85 %) |
|
– 1.020.000 |
|
Verbleiben |
|
180.000 |
|
Abzugsbetrag, § 13a Abs. 2 ErbStG |
|
|
|
[150.000 ./. ½ (180.000 ./. 150.000)] |
|
– 135.000 |
|
Steuerpflichtiges begünstigtes Vermögen |
|
|
45.000 |
Kapitalvermögen |
|
+ 1.300.000 |
|
Gesamter Vermögensanfall |
|
|
1.345.000 |
Schuld aus d... |