Rz. 37
Die Zuwendung erfolgt unentgeltlich, wenn sie nicht von einer Gegenleistung abhängig ist, wie dies bei einem gegenseitigen Vertrag oder Bedingung der Fall sein kann. Ihr darf kein entsprechender Vermögensabfluss in Form einer Gegenleistung gegenüberstehen. An einer solchen Gegenleistung fehlt es, wenn sich die gegenseitigen Ansprüche nur faktisch gegenüberstehen, ohne dass eine rechtliche Verknüpfung oder Abhängigkeit gegeben wäre. Hat der Bedachte einen Anspruch auf die Zuwendung, z.B. aus einer entsprechenden Forderung oder als Entlohnung für vereinbarte Dienste bzw. im Rahmen eines Unterhaltsanspruches, fehlt es an einer Bereicherung auf Seiten des Bedachten durch die Zuwendung. Der Zuwendung stehen das Erlöschen der Forderung und damit ein korrespondierender Vermögensverlust gegenüber. Es kommt im Ergebnis lediglich zu einer Vermögensumschichtung.
aa) Anteile an Personen- und Kapitalgesellschaften
Rz. 38
Verpflichtungen, die aus einer Stellung als Gesellschafter resultieren und die bei der Zuwendung eines Gesellschaftsanteils auf den Bedachten übergehen (wie z.B. Haftung, Mitarbeit, Verlustrisiko bei Personengesellschaften), beinhalten keine Gegenleistung. Die Grundsätze der gemischten Schenkung (vgl. Rdn 39 ff.) finden daher keine Anwendung, wenn über die Pflichtenübernahme hinaus keine selbstständige Gegenleistung erbracht wird. Etwas anderes gilt seit dem 1.1.2009 für die Übertragung von Anteilen an vermögensverwaltenden Personengesellschaften. Hier ordnet § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG ausdrücklich an, dass eine Saldierung der Aktiva mit den Passiva unterbleibt und stattdessen die übernommenen Verbindlichkeiten als Gegenleistung für den Anteilserwerb zu behandeln sind (siehe auch § 10 ErbStG Rdn 29). In diesem Fall kommen daher sehr wohl die Grundsätze der gemischten Schenkung zur Anwendung.
bb) Gemischte Schenkung
Rz. 39
Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn die Zuwendung nur zum Teil unentgeltlich erfolgt und im Übrigen entgeltlich, der Bedachte also eine Gegenleistung erbringt, die nicht dem Wert der Zuwendung entspricht und der Zuwendende diesen überschießenden Wert dem Bedachten unentgeltlich zuwenden möchte. Der BFH teilt eine gemischte Schenkung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil auf, wobei nur Letzterer der Besteuerung zugrunde gelegt wird (sog. Trennungstheorie). Fehlt es an einer Verknüpfung von Zuwendung und Gegenleistung, liegt – bezogen auf die Zuwendung – eine voll unentgeltliche Zuwendung vor.
Rz. 40
Die Bereicherung des Bedachten ermittelt sich bei der gemischten Schenkung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen. Als bürgerlich-rechtliche Bereicherung ist der Unterschied zwischen dem Verkehrswert der Leistung des Zuwendenden und dem Verkehrswert der Gegenleistung des Beschenkten anzusehen. Die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage ermittelte sich früher durch Aufteilung des Steuerwertes der Leistung des Schenkers in dem Verhältnis, in dem der Verkehrswert der Bereicherung des Bedachten zu dem Verkehrswert des geschenkten Vermögens steht. Es fand daher nach altem Recht folgende Formel Anwendung:
Beispiel
Der Vater V überträgt dem Sohn S ein Grundstück, das einen Steuerwert von 500.000 EUR und einen Verkehrswert von 600.000 EUR hat. Im Gegenzug zahlt S an V einen Geldbetrag von 50.000 EUR, den V verwendet, um die noch auf dem Grundstück lastende Darlehensfinanzierung in Höhe von 50.000 EUR abzulösen.
Lösung (alte Berechnungsweise)
Die bürgerlich-rechtliche Bereicherung des S beläuft sich auf 550.000 EUR (600.000 EUR – 50.000 EUR). Die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage beträgt daher (500.000 EUR × 550.000 EUR) : 600.000 EUR = 458.333 EUR.
Rz. 41
Im Ergebnis wurde daher bei einer gemischten Schenkung der Abzug der Belastung in voller Höhe verhindert. An diesen Grundsätzen hält die Finanzverwaltung nach dem 31.12.2008 nicht mehr fest. Aufgrund der Annäherung der Steuerwerte an die Verkehrswerte (bürgerlich rechtliche Bereicherung) erlaubt die Finanzverwaltung einen Abzug der Gegenleistung von der schenkungsteuerlichen Bemessungsgrundlage mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert. Die Anwendung der Formel und die dadurch bedingte anteilige Kürzung der Gegenleistung entfällt und damit auch die Unterscheidung zwischen gemischten Schenkungen und Schenkungen unter Leistungs-, Nutzungs- und Duldungsauflagen (siehe unten Rdn 54). Für den Beispielsfall ergibt sich daher folgende Lösung:
Lösung
Die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage für S beträgt 450.000 EUR (500.000 EUR – 50.000 EUR). S wird daher bei ei...