Rz. 76

Trägt der Zuwendende jedoch nur einen unbedeutenden Teil der im Übrigen vom Bedachten aufgebrachten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist in der Regel davon auszugehen, dass der Zuwendende lediglich einen Geldzuschuss zu einem vom Bedachten in vollem Umfang für eigene Rechnung erworbenen Grundstück oder errichteten Gebäude geleistet hat.[156] Die Finanzverwaltung stuft einen Anteil bis 10 % des Kaufpreises grds. als unbedeutend ein.[157] Es kommt aber entscheidend auf die Umstände des Einzelfalles an.[158] So kann bei einer eindeutigen Verwendungsabrede z.B. schon eine Quote von 8,26 % genügen.[159] Handelt es sich allein der Höhe nach um einen wesentlichen Geldbetrag (z.B. 1 Mio. EUR), liegt kein unbedeutender Anteil vor. Auf die Einhaltung der 10 %-Grenze kommt es nicht mehr an.[160] Diese Regeln gelten separat für die (anteilige) Zuwendung jedes einzelnen Schenkers, sind also für jeden einzelnen zu prüfen, wenn beispielsweise mehrere Zuwendende (z.B. beide Elternteile) gemeinsam Geld für die Anschaffung einer Immobilie zur Verfügung stellen und die Voraussetzungen einer mittelbaren Teilzuwendung jeweils erfüllt sind.[161] Die Geringfügigkeitsgrenze ist für jede einzelne Zuwendung gesondert zu prüfen und zwar auch dann, wenn die mittelbaren Teilzuwendungen in der Summe die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten.[162] Die vorgenannten Grundsätze sind auf die teilweise Übernahme der Baukosten durch den Schenker übertragbar.

 

Beispiel

Der Vater V und die Mutter M wenden dem Sohn S jeder einen Teilkaufpreis für eine ausgewählte Immobilie im Wert von 600.000 EUR zu. V gibt einen Geldbetrag von 200.000 EUR und M 20.000 EUR.

Die Geldzuwendung des V beläuft sich auf ⅓ des Kaufpreises der Immobilie und übersteigt damit die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % deutlich. Wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, handelt es sich um eine mittelbare Grundstücksschenkung.

Der Geldbetrag der M beläuft sich lediglich auf 3,33 % des Kaufpreises, erreicht also die 10 %-Grenze nicht. Dass die Zuwendung bei Zusammenrechnung der Schenkung durch V die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, ist unbeachtlich. Denn es erfolgt keine Gesamtbetrachtung, sondern die 10 %-Grenze ist für jede Zuwendung einzeln zu prüfen. Bei M kommt daher eine mittelbare Teilzuwendung der Immobilie nicht in Betracht. Es handelt sich um eine Geldschenkung.

[156] R E 7.3 Abs. 3 S. 1 ErbStR 2019. Zweifelnd z.B. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 Rn 102; Viskorf/Schuck, § 7 ErbStG Rn 84.
[157] R E 7.3 Abs. 3 S. 2 ErbStR 2019; H E 7.3 2. Fall ErbStH 2019.
[158] H E 7.3 2. Fall ErbStH 2019.
[159] FG Rheinland-Pfalz v. 18.7.1996 – 4 K 2896/95, ZEV 1996, 356; siehe auch Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 7 Rn 102 m.w.N.; a.A. FG München v. 30.7.2003 – 4 K 2805/01, EFG 2003, 1798, ausdrücklich offen gelassen in der Entscheidung des BFH v. 5.10.2005 – II R 48/03, BFH/NV 2006, 302.
[160] Rödl/Seltenreich, § 7 S. 336.
[161] H E 7.3 3. Fall ErbStH 2019.
[162] Rödl/Seltenreich, § 7 S. 336; abweichend Viskorf/Schuck, § 7 ErbStG Rn 84.

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