Rz. 234
Auch Umwandlungsvorgänge i.S.d. §§ 20, 24 UmwStG stellen grds. Veräußerungsfälle dar. Um einen – entsprechend der ertragsteuerlichen Behandlung – in diesen Fällen nicht gewünschten Wegfall der erbschaftsteuerrechtlichen Verschonungen zu vermeiden, ordnet aber § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 2 Alt. 2 ErbStG ausdrücklich ihre Privilegierung an. § 20 UmwStG betrifft die Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft, § 24 UmwStG die Einbringung von Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft. Entscheidend ist jeweils, dass die Einbringung des Betriebes, des Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Ob hingegen die Einbringung steuerlich zu Buchwerten, Teilwerten oder Zwischenwerten erfolgt, spielt keine Rolle. Denn erbschaftsteuerrechtlich kommt es nicht auf die Vermeidung einer ertragsteuerlichen Gewinnrealisierung an, sondern auf die (tatsächliche) Fortführung des Betriebes (wenn auch in anderer Rechtsform). Zu fordern ist aber in jedem Fall, dass alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen werden und dass die übernehmende Gesellschaft ihren Sitz im Inland, EU- oder EWR-Raum hat.
Rz. 235
Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll aber eine (anteilige) steuerschädliche Verfügung anzunehmen sein, wenn in den Fällen einer Sacheinlage oder eines Anteilstauschs der gemeine Wert der dem Steuerpflichtigen gewährten Anteile niedriger ist als der Wert des eingebrachten begünstigten Vermögens. Dies soll selbst dann gelten, wenn an den beteiligten Rechtsträgern (ausschließlich) dieselben Personen (identisch) beteiligt sind. Ein Nachsteuerfall kann dann mitunter nur durch – im Übrigen unerwünschte – Kapitalerhöhungen vermieden werden.
Hintergrund dieser Sichtweise ist insb. die Situation, dass der Steuerpflichtige das begünstigt erworbene Vermögen (z.B. Gesellschaftsanteile) auf eine andere Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter er ist, überträgt und in diesem Zusammenhang nur einen mehr oder weniger symbolischen neuen Anteil gewährt bekommt. Denn an die Stelle des eingebrachten Vermögens träte in diesem Fall lediglich dieser symbolische (neue) Anteil, so dass auch nur er von der sich fortsetzenden Behaltensfrist erfasst wäre, die übrigen (dem Steuerpflichtigen schon vorher gehörenden) Anteile jedoch erbschaftsteuerlich unschädlich veräußert werden könnten. Vor diesem Hintergrund darf der gemeine Wert der Anteile, die der Einbringende erhält, im Einbringungszeitpunkt nicht niedriger sein als der gemeine Wert des eingebrachten Vermögens bzw. der eingebrachten Anteile.
Für Einbringungen bis zum 21.11.2013 will die Verwaltung – auf entsprechenden Antrag – aus Billigkeitsgründen von einer Nachsteuer absehen, wenn "die erhaltenen Anteile sowie die Anteile, deren Wert durch die Einbringung gestiegen ist, bis zum Ende der Behaltensfrist nicht veräußert werden".
Allerdings reicht die Nachsteuerunschädlichkeit stets nur so weit, wie als (einzige) Gegenleistung für die Einbringung/Übertragung des privilegiert erworbenen Vermögens Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft gewährt werden. Soweit (auch) Gegenleistungen in Form anderer Wirtschaftsgüter erbracht werden, handelt es sich um eine schädliche Veräußerung i.S.d. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 1 ErbStG.
Rz. 236
Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus ist wohl auch der Anteilstausch (§ 21 UmwStG) privilegiert. Die für Personengesellschaften dargestellten Bedingungen/Einschränkungen (Sitz der aufnehmenden Gesellschaft, ausschließlich Anteile als Gegenleistung, Umfang der Anteilsgewährung) gelten entsprechend.
Nachsteuerunschädlich sollten auch solche Vorgänge sein, die unter § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG fallen (steuerneutrale Überführung von Wirtschaftsgütern in ein anderes Betriebsvermögen bzw. das Vermögen einer Mitunternehmerschaft). Denn auch insoweit handelt es sich (nach gesellschaftsrechtlicher Diktion) um eine Einbringung. Darüber hinaus wird die Privilegierung gem. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 2 Alt. 2 ErbStG auch für formwechselnde Umwandlungen sowie Verschmelzungen gewährt. Vor diesem Hintergrund sind auch mehrfache, nacheinander erfolgende Umwandlungen grundsätzlich begünstigungsunschädlich möglich.
Rz. 237
Unschädlich ist auch die Realteilung von Personengesellschaften, soweit der Steuerpflichtige hierbei nicht nur einzelne Wirtschaftsgüter erhält, sondern einen lebensfähigen Teil des Betriebes. Als Realteilung im ertragsteuerlichen Sinne ist auch die "unechte Realteilung" (Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer im Übrigen fortbestehenden Mitunternehmerschaft gegen Sachabfindung mit Wirtschaftsgütern, die bei ihm Betriebsvermögen darstellen) anzusehen. Dies sollte auch für die Erbschaftsteuer gelten.
Wird im Rahmen der Realteilung ein "Spitzenausgleich" aus dem Privatvermögen geleistet, stellt dies nach ertragsteuerlichen Grundsätzen...