Rz. 49
In Fällen der Vor- und Nacherbschaft sind die Begünstigungen – konsekutiv – sowohl dem Vor- als auch dem Nacherben zu gewähren. Dies gilt auch dann, wenn die Nacherbfolge nicht durch den Tod des Vorerben eintritt, der Vorerbe somit also gem. § 6 Abs. 3 S. 1 ErbStG als auflösend bedingt, der Nacherbe aber als aufschiebend bedingt eingesetzt gilt.
Rz. 50
§ 13a ErbStG ist auch im Falle der vorzeitigen unentgeltlichen Weiterübertragung des der Vor- und Nacherbschaft unterliegenden Vermögens vom Vorerben an den Nacherben für beide Beteiligten anwendbar. Denn der Vorerbe ist als Erwerber von Todes wegen i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu besteuern, der Nacherbe als Beschenkter i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG. Beides eröffnet den Anwendungsbereich von § 13a ErbStG. Die unentgeltliche Weitergabe des begünstigten Vermögens durch den Vorerben fällt nicht unter § 13a Abs. 6 ErbStG und ist daher nicht begünstigungsschädlich. Ebenfalls begünstigt ist der in die Stellung des Nacherben eintretende Dritte, der das Nacherbenanwartschaftsrecht unentgeltlich (vor Eintritt des Nacherbfalls) vom eigentlichen Nacherben erwirbt.
Rz. 51
Eine entgeltliche Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts beeinträchtigt die Rechtsstellung des Vorerben in keiner Weise; dies gilt auch für den Erhalt bzw. das Bestehenbleiben der Verschonungen nach § 13a ErbStG. Auf den Nacherben ist in dieser Situation unter keinem denkbaren Gesichtspunkt § 13a ErbStG anzuwenden. Im Zeitpunkt der Übertragung seines Nacherbenanwartschaftsrechts hat er noch kein begünstigtes Vermögen erlangt. Das im Gegenzug für die Abtretung seiner Anwartschaft erlangte Entgelt ist zwar gem. § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG steuerpflichtig, jedoch grds. nicht begünstigungsfähig.
Rz. 52
Der Erwerber der Anwartschaft kann bei Eintritt des Nacherbfalls das von ihm aufgewendete Entgelt als Erwerbskosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) geltend machen. Soweit hernach noch ein steuerpflichtiger Erwerb verbleibt, ist die Anwendung von § 13a ErbStG fraglich. Denn im Grunde hat der Anfall der Nacherbschaft beim Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechts mit einer Verfügung bzw. dem Willen des ursprünglichen Erblassers nichts zu tun, es beruht vielmehr auf dem Kaufvertrag zwischen dem ursprünglichen Nacherben und dem Erwerber. Wirtschaftlich ist die Situation wohl eher so zu beurteilen, als habe der ursprünglich zum Nacherben Eingesetzte die gesamte Nacherbschaft im bzw. unmittelbar nach dem Zeitpunkt ihres Anfalls an den Dritten veräußert und über diese Veräußerung bereits früher (nämlich im Zeitpunkt der Abtretung des Anwartschaftsrechts) eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung geschlossen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Anwendbarkeit von § 13a ErbStG auf den Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechts zweifelhaft. Dessen ungeachtet tritt aber der Erwerber zivilrechtlich in die Rechtsposition des ursprünglichen Nacherben ein. Im Hinblick darauf, dass die Erbschaftsteuer prinzipiell an den zivilrechtlichen (und nicht an den wirtschaftlichen) Sachverhalt anknüpft, spricht daher einiges dafür, die Verschonungsregelungen auch dem Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechts zugutekommen zu lassen. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, warum der entgeltliche Erwerb des Nacherbenanwartschaftsrechts anders behandelt werden sollte als der unentgeltliche (vgl. Rdn 50).
Rz. 53
Auf Nachvermächtnisse, die gem. § 6 Abs. 4 ErbStG der Nacherbschaft gleichgestellt sind, sind dieselben Grundsätze anwendbar, die für Vor- und Nacherbschaft gelten.