Rz. 201

Im umgekehrten Fall, wenn der im Rahmen einer Kapitalerhöhung Anteile erwerbende Gesellschafter ein zu hohes Aufgeld leistet, kam bislang lediglich nach Ansicht der Finanzverwaltung eine steuerbare Zuwendung an die übrigen Gesellschafter in Betracht.[383] Denn der Wert ihrer bisherigen Anteile erhöht sich entsprechend. Ein zu hohes Aufgeld in diesem Sinne kann auch vorliegen, wenn bei einer Sacheinlage der Nennwert der gewährten Anteile niedrig angesetzt und der übersteigende Betrag den Rücklagen zugewiesen wird.[384] Es kommt jedoch nicht zu einer Verschiebung in der Vermögenssubstanz, da die Anteile unverändert bleiben. Würde man die Ansicht des BFH zu § 7 ErbStG a.F. zugrunde legen, müsste daher in diesen Fällen eine freigebige Zuwendung mangels Substanzverschiebung verneint werden. Dem hat sich auch die Finanzverwaltung zur alten Rechtslage angeschlossen.[385] Jedoch ergibt sich durch die Einführung des § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG eine veränderte Gesetzeslage. Denn danach wird auch die bloße Werterhöhung des Anteils als Schenkung fingiert wird, die durch das zu hohe Aufgeld bei den übrigen Gesellschaftern eintritt.

 

Rz. 202

 

Beispiel

Der Vater V und der Sohn S sind zu jeweils 50 % Gesellschafter der F-GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 EUR. Es erfolgt eine Kapitalerhöhung um 100.000 EUR (Nennwert) zugunsten der Tochter T als neuer Gesellschafterin. Sie leistet für den Erwerb eine Einlage in Höhe von 600.000 EUR, obwohl der wirkliche Wert der neuen Anteile lediglich 300.000 EUR beträgt.

Der den Nennwert der neuen Anteile übersteigende Wert ist in die Kapitalrücklage einzustellen. Die Kapitalrücklage erhöht den Wert aller Geschäftsanteile, also auch die Anteile von V und S. Es handelte sich nach nunmehr allen Ansichten nicht um eine freigebige Zuwendung zugunsten von V und S durch die T. Nach Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG stellen die Werterhöhungen bei V und S nach dem Gesetzeswortlaut schenkungsteuerpflichtige Zuwendungen der T dar.

[383] H 18 Nr. 4 ErbStH a.F.; R E 7.5 (2) S. 6ff. ErbStR 2019.
[384] H 18 Nr. 4 ErbStH a.F.
[385] Koordinierter Ländererlass v. 20.10.2010 – 3 S 3806/75, BStBl I 2010, 1207 ersetzt durch Koordinierten Ländererlass v. 14.3.2012, BStBl I 2012, 331.

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