Rz. 36
Mehrere (getrennte) Steuerfälle erfordern entweder eine Festsetzung in getrennten Steuerbescheiden oder – bei körperlicher Zusammenfassung in einem Schriftstück – neben der genauen Angabe, welche Lebenssachverhalte (Besteuerungstatbestände/-zeiträume) besteuert werden sollen, für jeden Steuerfall einen gesonderten Ausweis des Steuerbetrags. Die Steuer kann für Nacherwerbe und mehrere Vorerwerbe auch in einem Bescheid festgesetzt werden. Erforderlich ist dann die genaue Angabe,
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welche Lebenssachverhalte (Besteuerungstatbestände, -zeiträume) besteuert werden sollen; |
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gesonderte Festsetzung für jeden Steuerfall und |
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Aufgliederung der Steuerschuld – ggf. unter Berücksichtigung des § 14 ErbStG –, wenn das rechtliche Schicksal der verschiedenen Steueransprüche nach Anspruchsgrund bzw. dessen Wegfall, hinsichtlich möglicher Befreiungstatbestände und des Eintritts der Verjährung einen unterschiedlichen Verlauf nehmen sowie der für den Einzelfall festgesetzten Steuer eine weitere rechtliche Bedeutung für weitere Steuerfälle (z.B. i.R.d. § 14 ErbStG 1974) zukommen kann. |
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Hierauf kann im Einzelfall ausnahmsweise nur dann verzichtet werden, wenn trotz unaufgegliederter Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle eindeutig feststeht, welche Steuerfälle von dem Bescheid erfasst werden und dass auch aus anderweitigen rechtlichen Gründen keine Notwendigkeit zu einer Differenzierung besteht (z.B. in einer entsprechend aussagekräftigen Anlage zum Steuerbescheid). |
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Im Zusammenhang mit § 14 ErbStG ist zu beachten, dass es auf den Zeitpunkt jedes Erwerbs von mehreren Erwerben für den jeweils nächsten Erwerb ankommen kann. Im Zweifel ist daher auch der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer für jeden einzelnen Erwerb zu schätzen. Die fehlende Angabe der besteuerten einzelnen Lebenssachverhalte oder die unzulässige unaufgegliederte Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle in einem Bescheid führt zur Nichtigkeit eines solchen Bescheids nach § 125 Abs. 1 AO. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit setzt voraus, dass nicht nur dem Steuerpflichtigen, sondern auch dem Finanzamt im Zeitpunkt des Erlasses des zusammenfassenden Steuerbescheids die Anzahl, die Zeitpunkte und die Höhe der Einzelzuwendungen bekannt waren. |
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Das Finanzamt kann sich in den Fällen, in denen ihm Zeitpunkt und Höhe der jeweiligen Einzelzuwendungen – z.B. wegen mangelnder Mitwirkung des Steuerpflichtigen – unbekannt geblieben sind, darauf beschränken, die Steuer unter Angabe des mutmaßlichen Zeitraums, in dem diese Zuwendungen vorgenommen wurden, nach einem einheitlichen (Schätz-)Betrag, der alle Zuwendungen umfassen soll, einheitlich festzusetzen. Ein solcher zusammenfassender Steuerbescheid ist ausnahmsweise inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO) und daher wirksam (§ 124 Abs. 3 AO). Als der für die Steuerentstehung maßgebliche Ausführungszeitpunkt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ist in diesen Fällen das Ende des im Bescheid angegebenen Zeitraums für die Einzelzuwendungen anzusehen. |
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Geht das Finanzamt bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für mehrere freigebige Zuwendungen erkennbar davon aus, es liege eine einheitliche Zuwendung vor, führt dies nicht zur Nichtigkeit des Steuerbescheids. In einem solchen Fall ist der Steuerbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt i.S.d. § 119 Abs. 1 AO. Wie § 157 Abs. 1 S. 2 AO vorschreibt, ist in einem derartigen Steuerbescheid die Steuer nach Art und Betrag bezeichnet und der Steuerschuldner angegeben. Zur Abgrenzung zu einer nichtigen unaufgegliederten Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle in einem Bescheid siehe BFH v. 20.1.2010. |
Rz. 37
Wird ein Bescheid als Erbschaftsteuerbescheid bezeichnet, kann er nicht mit einem Schenkungsteuerbescheid zusammengefasst sein, auch wenn er bei der Berechnung der Steuer erstmals eine bisher nicht erfasste Vorschenkung i.R.d. Zusammenrechnung berücksichtigt. Außerdem wäre ein "Erbschaftsteuerbescheid" wegen Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 ErbStG rechtswidrig, soweit seine Steuerfestsetzung auf einer Zusammenrechnung des Werts des Erwerbs von Todes wegen mit dem Wert der Vorschenkungen beruht, ohne einen Steuerabzug für die früheren Erwerbe (Vorschenkungen) vorzunehmen.
Rz. 38
Die Finanzämter gehen inzwischen immer mehr dazu über, für jeden Erwerb – spätestens im finanzgerichtlichen Verfahren – einen eigenen Bescheid zu erlassen. Dies ist rechtlich sicher und für die Zusammenrechnung auf jeden Fall auch übersichtlicher.
I. Zusammenrechnung und Erklärung
Rz. 39
Viele frühere Erwerbe sind der zuständigen Erbschaftsteuerstelle nic...