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Der Vermögenszuwachs beim Erwerber eines Vermächtnisses ist nach § 1939 BGB ein Vermögensvorteil, den er erlangt, ohne Erbe zu werden. Der Vermächtnisanspruch ist also ein Forderungsrecht gegen den oder die Erben auf Herausgabe eines bestimmten Gegenstandes aus dem Nachlass nach § 2147 BGB. Der Vermächtnisanspruch ist also ein rein schuldrechtlicher Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Erben. Dieser ist verpflichtet, den Vermächtniserfüllungsanspruch zu erfüllen. In der Praxis bereitet die Abgrenzung Erbe/Vermächtnisnehmer häufig Schwierigkeiten, weil die Bezeichnungen ungenau verwendet werden oder durch eine Vielzahl von Zuordnungen an einen Beteiligten des Nachlass dessen tatsächliche Rechtsposition schwer abzugrenzen ist zwischen der Frage, ob er Erbe oder bloßer Vermächtnisnehmer geworden ist. Letztwillige Verfügungen von Todes wegen sind entsprechend nach §§ 2084, 2087 BGB auszulegen.[32] Maßgeblich für die erforderliche Abgrenzung, ob Erbeinsetzung oder Vermächtnis vom Erblasser gewollt war, ist dabei auch der Wert des einzelnen Gegenstandes, der einer Person zukommen soll, im Verhältnis zum Gesamtnachlass.[33] Das Vermächtnis fällt nach § 2176 BGB mit dem Erbfall an, sofern das Vermächtnis nicht unter einer Bedingung oder Befristung nach § 2177 BGB angeordnet ist. Ist der Bedachte noch nicht erzeugt oder wird seine Persönlichkeit durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereignisses bestimmt, so erfolgt der Anfall des Vermächtnisses erst im Falle der Geburt oder mit Eintritt des Ereignisses nach § 2178 BGB. Die Steuer auf diesen Erwerb entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG auch erst mit dem Anfall des Vermächtnisses, was insoweit durch die Bedingung oder Befristung hinausgeschoben ist.

[32] OLG München ZEV 2007, 383; Grüneberg/Weidlich, § 2082 Rn 7.
[33] Bonefeld/Wachter/Maulbetsch, Kap. 6 Rn 7.

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