Rz. 100
Ob unentgeltliche Einräumung von Nutzungsrechten, insb. Nießbrauchsrechten an Betriebsvermögen unter den Wortlaut von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG fällt, könnte zweifelhaft sein. Denn hier geht nicht die (anteilige) Substanz eines ganzen Gewerbebetriebs oder eines Mitunternehmeranteils bzw. ein Teil einer solchen auf den Erwerber über. Dieser erhält vielmehr nur ein Nutzungsrecht. Hieraus hatte die Verwaltung zunächst den Schluss gezogen, dass eine Begünstigung ausgeschlossen sei. Dennoch hat der BFH (zum alten Recht) für die Begünstigungsfähigkeit eines Nießbrauchsrechts an einem Personengesellschaftsanteil allein auf die Einräumung bzw. den Übergang der Mitunternehmerstellung abgestellt und zu Recht darauf hingewiesen, dass es für die Gewährung der Begünstigungen nach dem Wortlaut des Gesetzes allein auf die Mitunternehmerstellung im ertragsteuerlichen Sinne, nicht aber auf die zivilrechtliche Gesellschafterstellung ankommt. Dass der Nießbrauch in der Hand des Nießbrauchers Sonderbetriebsvermögen darstellt und – z.B. beim Verzicht – ausschließlich dieses Sonderbetriebsvermögen übergeht, hält der BFH für unschädlich. Das ist auch zutreffend, da dieses Sonderbetriebsvermögen die mitunternehmerische Beteiligung, also den Mitunternehmeranteil des Nießbrauchers, "verkörpert". Die Finanzverwaltung hat sich zwischenzeitlich der Auffassung des BFH angeschlossen.
Dies sollte entsprechend auch für Nutzungsrechte an einzelunternehmerisch gehaltenem Betriebsvermögen bzw. land- und forstwirtschaftlichem Vermögen gelten, soweit der Nutzungsberechtigte die Stellung eines Gewerbetreibenden bzw. eines Land- und Forstwirts im ertragsteuerlichen Sinne erlangt.
Insoweit ist aber ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass nach aktueller Rechtsprechung des BFH die Übertragung eines Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt zu einer (ertragsteuerlichen) Betriebsaufgabe führt, so dass auch die Anwendung der erbschaftsteuerlichen Verschonungsnormen ausscheidet.
Rz. 101
Die Begünstigungsfähigkeit der Einräumung eines Quoten-Nießbrauchs ist (auch bei mitunternehmerischer Ausgestaltung) noch nicht abschließend geklärt. Aus systematischen Gründen sollte (Mitunternehmerstellung des Nießbrauchers vorausgesetzt!) eigentlich nichts gegen die Anwendbarkeit der Verschonungsnormen sprechen. Gleiches gilt auch für Fälle der steuerpflichtigen Einräumung einer überhöhten Gewinnbeteiligung an einer Personengesellschaft (§ 7 Abs. 7 ErbStG).
Rz. 102
Prinzipiell begünstigungsfähig sind auch die Fälle, in denen ein entgeltlich erworbenes Nutzungsrecht zum übertragungsgegenständlichen Betriebsvermögen gehört und mit diesem zusammen übertragen wird. Denn hier geht tatsächlich – wie von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gefordert – ein ganzer Gewerbebetrieb bzw. ein Mitunternehmeranteil oder ein Anteil an einem solchen auf den Erwerber über. Wenn der Betrieb – zufällig – auch ein Nutzungsrecht an fremdem Vermögen umfasst, ist dies für die Gewährung der Begünstigung unschädlich.
Möglicher Begünstigungsgegenstand ist auch die Bereicherung, die durch den Wegfall eines bestehenden Nießbrauchsrechts beim damit beschwerten Einzelunternehmer bzw. Mitunternehmer eintritt.