Gerhard Sievert, Ulrich Gohlisch
1. Ermittlung des Gebäudesachwerts
Rz. 2
Genau genommen wird im bewertungsrechtlichen Sachwertverfahren nur der Gebäudewert nach dem Sachwertverfahren ermittelt. Vereinfacht dargestellt, wird der Gebäudesachwert durch die Multiplikation der Bruttogrundfläche mit den für das Gebäude in Anlage 24 zum BewG angegebenen Regelherstellungskosten (RHK) errechnet.
Rz. 3
Die Regelherstellungskosten sind aus Anlage 24 ersichtlich. Hier erfolgt im Gegensatz zu Stichtagen vor dem 1.1.2016 nicht mehr eine Grobeinteilung der Baujahre. Insoweit liegt eine Vereinfachung vor. Bautechnische Merkmale müssen differenziert dem Bewertungsobjekt zugeordnet werden (z.B. muss eine Differenzierung danach erfolgen, ob ein Dachgeschoss ausgebaut oder nicht ausgebaut ist bzw. ob ein Flachdach existiert; die Unterscheidung, ob ein Keller vorhanden ist oder nicht, muss ebenfalls getroffen werden). Auch ist eine Unterscheidung zu treffen, ob nur ein Erdgeschoss oder auch ein Obergeschoss vorhanden ist. Außerdem ist bei Einfamilienhäusern danach zu unterscheiden, ob es sich
a) |
um ein freistehendes Einfamilienhaus oder |
b) |
um ein Doppel- bzw. Reihenendhaus oder |
c) |
um ein Reihenmittelhaus |
handelt.
Rz. 4
Der Ausstattungsstandard spielt eine signifikante Rolle. Es sind fünf verschiedene Standardstufen in Betracht zu ziehen. Neben den Normalherstellungskosten 2010 ist deshalb die Beschreibung von Gebäudestandards in die Anlage 24 integriert worden.
Die Anlage 24 enthält fünf Standardstufen. Im Einzelnen sind dies:
▪ |
Standardstufe 1 ("einfachst") |
▪ |
Standardstufe 2 ("einfach"), beide betitelt mit dem Gruppierungsbegriff "nicht zeitgemäß" |
▪ |
Standardstufe 3 ("Basis") |
▪ |
Standardstufe 4 ("gehoben") |
▪ |
Standardstufe 5 ("aufwendig"), alle drei Kategorien betitelt mit dem Gruppierungsbegriff "zeitgemäß". |
Neben den fünf Standardstufen ist bei Ein- und Zweifamilienhäusern, Wohnungseigentum und vergleichbarem Teileigentum in Mehrfamilienhäusern sowie bei gemischt genutzten Grundstücken ein Wägungsanteil ausgegeben, nach dem die einzelnen Ausstattungsstandards im Verhältnis zueinander unterschiedlich gewichtet werden.
Neben dem Ausstattungsstandard ist auch die Bruttogrundfläche eine Variable, von der letztlich der Gebäudesachwert abhängt. In H B 190.4 ErbStH 2019 wird beispielhaft erläutert, wie die Regelherstellungskosten/Fläche im Einzelfall bauwerksbezogen zu ermitteln sind. Zur Ermittlung des Ausstattungsstandards, der Wertermittlung besonders werthaltiger Außenanlagen, der Berechnung der Bruttogrundfläche, der Ermittlung des Gebäudealters bei Modernisierung siehe R B 190.3–190.7 ErbStR 2019.
Rz. 5
Die Bruttogrundfläche ist in Abschnitt I der Anlage 24 für Stichtage ab 1.1.2016 neu definiert worden und stammt aus der DIN 277. Sie ist die Summe der bezogen auf die jeweilige Gebäudeart marktüblich nutzbaren Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks. Balkone werden, auch wenn sie überdeckt sind, für die Berechnung der Regelherstellungskosten nicht in die Bruttogrundfläche einbezogen, siehe auch R B 190.6 Abs. 2 ErbStR 2019.
Wichtig
Nicht zur Bruttogrundfläche zählen z.B. Flächen von Spitzböden und Kriechkellern, Flächen, die ausschließlich der Wartung, Inspektion und Instandsetzung von Baukonstruktionen und technischen Anlagen dienen, sowie Flächen unter konstruktiven Hohlräumen, z.B. abgehängten Decken.
2. Mehrere Gebäude auf einem Grundstück
Rz. 6
Befinden sich mehrere Gebäude auf einem Grundstück, müssen nach Verwaltungsauffassung alle Gebäude im Sachwertverfahren bewertet werden. Diese Auffassung ist jedoch umstritten, da es durchaus möglich ist, die Gebäude auch unterschiedlich zu bewerten. In der Praxis wird zuvor eine Vergleichsberechnung angestellt werden müssen, um den günstigsten Steuerwert herauszufinden.