Rz. 2

Die allgemeine Anzeigepflicht gem. § 30 Abs. 1 und 2 ErbStG ist eine gesetzlich normierte Pflicht aus dem Steuerschuldverhältnis. Die Unkenntnis über die Anzeigepflicht ist unerheblich;[1] jeder Steuerbürger muss sich über seine Pflichten informieren. Der anzuzeigende "der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb" bedeutet, dass für diesen Erwerb die Erbschaftsteuer i.S.v. § 1 ErbStG gem. § 9 ErbStG, § 38 AO entstanden sein muss. Schenkungsversprechen, Schenkungen mit aufschiebender Bedingung u. dgl. sind nicht bzw. erst dann anzuzeigen, wenn die Schenkung etwa mit Eintritt der Bedingung des Erwerbs ausgeführt worden ist (zur Entstehung der Erbschaftsteuer siehe Kommentierung des § 9 ErbStG). Verfahrensrechtlich kann die Anzeige als gesetzlich normierte Mitwirkungspflicht angesehen werden.[2] Im ErbStG, der AO, bzw. in Verwaltungsanweisungen gibt es noch weitere besondere Anzeigepflichten;[3] zu nennen ist insbesondere die Anzeige des Unterschreitens der Lohnsummengrenze innerhalb von 6 Monaten gem. § 13a Abs. 7 ErbStG. Hier ordnet das Gesetz die Anzeigepflicht den Steuererklärungen zu (§ 13a Abs. 7 S. 4 ErbStG).[4] Daneben bestehen Anzeigepflichten aus anderen Rechtsgründen, insbesondere nach § 153 AO; diese werden durch § 30 AO nicht verdrängt.[5] So ist der Wegfall der Stundungsvoraussetzungen nach § 25 ErbStG a.F. (R 85 Abs. 5 ErbStR 2003) sowie auch der Wegfall von Steuerbefreiungen, die unter bestimmten Bedingungen stehen (z.B. §§ 13 Abs. 4a4c, 13 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, Nr. 3 Nr. 13, Nr. 16, Nr. 18 ErbStG), gem. § 153 Abs. 2 AO anzuzeigen. Ggf. werden die steuerlichen Konsequenzen (Nachversteuerung) aus dem Wegfall einer Steuervergünstigung/Steuerbefreiung durch Änderung der Steuerfestsetzung gem. § 175 Abs. 1 S. 2 AO gezogen.

 

Rz. 3

In der Praxis ist die allgemeine Anzeigepflicht auf diejenigen Erwerbe einzuschränken, die eine Steuer auslösen bzw. für eine spätere Zusammenrechnung gem. § 14 ErbStG bedeutsam werden können.[6] Die Möglichkeit, dass der Erwerb Steuer auslösen kann, genügt. Steht einwandfrei und klar erkennbar fest, dass der Erwerb zum gegenwärtigen Stand keine Steuer auslöst, kann eine Anzeige sanktionslos unterbleiben.[7] Beispiel: Großeltern schenken Enkel 5.000 EUR für den Führerschein. Wird bei weiteren Schenkungen/Erwerben innerhalb des 10-Jahreszeitraums nach § 14 ErbStG der Freibetrag überschritten, müssen die (Vor-)Schenkungen beim entsprechend nachfolgenden Erwerb angegeben werden[8] (siehe dazu Rdn 12). Eine weitere Einschränkung ist darin zu sehen, dass dem zuständigen Finanzamt schon bekannt gewordene Erwerbe wohl nicht noch mal angezeigt werden müssen.[9] Für den Erwerber muss erkennbar (gewesen) sein, dass die organisatorisch zuständige Stelle im Finanzamt die notwendigen Kenntnisse i.S.v. § 30 Abs. 4 ErbStG hat. Beispiel: Ein Miterbe zeigt einen Erwerb von Todes wegen an und benennt alle anderen Miterben mit Namen, Adresse usw. Die anderen Miterben haben Kenntnis von dieser Anzeige. In derartigen Fällen brauchen die anderen Miterben keine eigene Anzeige abgeben. Der Sicherungszweck des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO erfordert in diesem Fall kein weiteres Hinausschieben des Beginns der Festsetzungsfrist, denn für die vom Finanzamt anzustellende Prüfung reicht regelmäßig die namentliche Bezeichnung des Erblassers bzw. Schenkers und Erwerbers sowie die Mitteilung des Rechtsgrundes für den Erwerb aus.[10] Im Zweifel sollte jeder Erwerber seinen Erwerb selbst anzeigen, denn durch die frühzeitige Anzeige wird auch eher die Festsetzungsfrist in Gang gesetzt. Nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 und 2 ErbStG umfasst die Anzeigepflicht nach h.M. nicht die Anzeige des Eintritts der Ersatzerbschaftsteuer (im 30-Jahresturnus); m.E. muss der Eintritt von Amts wegen überwacht werden.

 

Rz. 4

Bei gesetzlicher Erbfolge obliegt dem Erwerber mangels Vorliegen einer Verfügung von Todes wegen stets eine Anzeigepflicht nach § 30 Abs. 1 ErbStG. Die Anzeigen des Standesamtes, der Banken und Versicherungen sowie des Nachlassgerichts berühren die Anzeigepflicht des Erwerbers bei gesetzlicher Erbfolge nicht. Der Kreis der Anzeigepflichtigen ist im Übrigen sehr groß. Wegen der gesetzlichen Erweiterung der steuerbaren Erwerbe in §§ 38 ErbStG fallen neben den unmittelbaren Erwerbern wie Erben, Beschenkten z.B. auch Personen darunter, die infolge einer Auflage etwas erwerben, etwa, wenn ein Beschenkter einem Dritten nach Bestimmung des Schenkers ein Ausgleichsgeld zahlen muss; oder z.B. eine Person, die aufgrund eines Verzichtes auf ein Vermächtnis von den Erben eine Abfindung erwirbt. Ausdrücklich erweitert § 30 Abs. 1 ErbStG die Anzeigepflicht bei Zweckzuwendungen (§ 8 ErbStG) auf den zur Ausführung der Zweckbestimmung Verpflichteten und in § 30 Abs. 2 ErbStG bei Schenkungen auf den Schenker,[11] genau auf denjenigen, aus dessen Vermögen der Erwerb stammt. Dies ist jedoch nach erbschaftsteuerlichen Grundsätzen zu entscheiden. Muss z.B. ein Beschenkter aufgrund einer Auflage des Schenkers einem Dritten etwas zuwenden, gi...

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