Rz. 11
Die sachliche Steuerbefreiung von Vermögensgegenständen des öffentlichen Interesses in § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG nimmt auf die verminderte Leistungsfähigkeit des Erwerbers Rücksicht und soll verhindern, dass Kulturgüter allein zum Zwecke der Steuerzahlung ins Ausland verkauft werden müssen. Dementsprechend sieht die Norm unabhängig von der Stellung des Erwerbers eine Freistellung in Höhe von 60 % bzw. 85 % des Wertes bis hin zu einer vollständigen Steuerfreistellung vor.
Rz. 12
Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, sind:
1. |
Es muss sich um Grundbesitz oder Teile davon, Kunstgegenstände oder Kunstsammlungen bzw. wissenschaftliche Sammlungen handeln. |
2. |
Die Erhaltung dieser Gegenstände muss wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegen. |
3. |
Die Kosten übersteigen in der Regel die Einnahmen. |
4. |
Die Gegenstände müssen den Zwecken der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht sein oder werden. |
Rechtsfolge:
Bei Erfüllung dieser Voraussetzungen wird eine 60 %ige Steuerfreistellung gewährt, bei Grundbesitz oder Teilen davon seit dem 1.1.2009 sogar eine Freistellung von 85 %.
Rz. 13
Zur 1. Voraussetzung: Teile von Grundbesitz sind auch einzelne unselbstständige Gebäudebestandteile, wie z.B. Fassaden oder Treppenhäuser. Eine Sammlung liegt vor, wenn sich der besondere Wert gerade aus der Zusammenfassung der Einzelgegenstände ergibt. Unerheblich ist, ob sich die begünstigten Gegenstände im Betriebsvermögen oder im Privatvermögen befinden. Die Finanzverwaltung verlangt darüber hinaus, dass die Gegenstände im Inland oder in einem Mitgliedstaat der EU bzw. des EWR-Raumes sind und dort mindestens für zehn Jahre verbleiben. Eine vorübergehende Ausstellung im Drittland soll unschädlich sein. Für diese einschränkende Auslegung (Ausschluss des Drittlandes) findet sich kein Hinweis im Gesetzeswortlaut. Nach richtiger Ansicht können daher grds. auch im Ausland befindliche Kulturgüter begünstigt werden, soweit sie die weiteren Voraussetzungen erfüllen.
Rz. 14
Zur 2. Voraussetzung: Ob die Erhaltung eines Gegenstandes wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte und Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, ergibt sich bei Denkmälern aus einer Eintragung in die Denkmalliste oder durch Gutachten der zuständigen Landesbehörde.
Rz. 15
Zur 3. Voraussetzung: Schützenswert sind nur Kulturgüter, die mit einer dauerhaften Unterdeckung verbunden sind. Da nach dem Gesetzeswortlaut jedoch nur gefordert wird, dass die Kosten "in der Regel" die Einnahmen nicht übersteigen, ist die Erzielung einmaliger Überschüsse unschädlich. Die dauerhafte Unrentierlichkeit muss innerhalb von zehn Jahren seit dem Erwerb permanent vorliegen. Es genügt nicht, wenn eine Unrentierlichkeit erst Jahre später erstmalig eintritt. Die Unterdeckung muss sich zudem aus dauerhaften Rechnungsposten ergeben, nicht ausreichend ist eine Unterdeckung, die sich erst aus einer geplanten Sanierungsmaßnahme ergibt. Als Einnahme zählt auch der Mietwert einer selbstgenutzten Wohnung, während abzugsfähige Kosten auch die linearen Abschreibungen darstellen, nicht dagegen die Sonderabschreibungen. Bei begünstigten Teilen eines Grundbesitzes ist auf den Grundbesitz insgesamt abzustellen.
Rz. 16
Zur 4. Voraussetzung: Das Kulturgut wird den Zwecken der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht, wenn es der Allgemeinheit oder interessierten Kreisen regelmäßig zugänglich gemacht wird und dies allgemein erkennbar ist. Ausreichend ist beispielhaft die Ausstellung in öffentlichen Museen, auch in Form von mehreren gelegentlichen Leihgaben, nicht aber eine erst viereinhalb Jahre nach dem Erbfall abgegebene Erklärung gegenüber der Denkmalschutzbehörde.
Rz. 17
Für eine vollständige Steuerfreistellung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b ErbStG müssen zusätzlich zu den Nummern 1.–4. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
5. |
Der Erwerber muss bereit sein, den Gegenstand der Denkmalpflege zu unterwerfen. |
6. |
Der Gegenstand muss sich seit mindestens zwanzig Jahren im Familienbesitz befinden oder er muss in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen sein. |
Rz. 18
Zur 5. Voraussetzung: Unterliegt das Kulturgut bereits den jeweiligen landesrechtlichen Regeln des Denkmalschutzes, bedarf es insoweit keiner weiteren Prüfung. Auf eine Eintragung in die Denkmalliste kommt es insoweit nicht an, sondern entscheidend ist das Bestehen der aus dem Denkmalschutz folgenden rechtlichen Verpflichtungen. Besteht im Zeitpunkt der Steuerentstehung noch keine rechtliche Denkmalschutzverpflichtung, muss der Gegenstand ein Denkmal im Sinne der einschlägigen Denkmalschutzvorschriften sein oder die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllen. Der Erwerber manifestiert in diesem Fall seine Bereitschaft, den Gegenstand den Regeln der Denkmalpflege zu unterwerfen, wenn er zeitnah die notwendigen Schritte einleitet, die zur Unterschutzstellung notwendig sind.
Rz. 19
Zur 6. Voraussetzung...