1. Grundsatz: Aufteilung anhand des Nennkapitals
Rz. 12
§ 97 Abs. 1b BewG regelt die Aufteilung des gemeinen Werts der in § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG genannten Kapitalgesellschaften auf deren Gesellschafter. Aufteilungsregeln für andere in Abs. 1 genannte Körperschaften (Nr. 2 bis 4) sieht das Gesetz nicht vor, weil bei diesen eine Aufteilung des Werts des Betriebsvermögens nicht in Betracht kommt. Denn eine Vermögensbeteiligung wie bei Kapitalgesellschaften besteht hier nicht. Im Fall des Ausscheidens erhält ein Genossenschaftsmitglied nach § 73 Abs. 2 GenG lediglich sein Geschäftsguthaben. Ausscheidende Mitglieder eines VVaG haben nach § 201 Abs. 1 VAG zwar Anspruch auf eine "angemessene" Abfindung, eine (vererbliche oder übertragbare) Beteiligung am Vereinsvermögen vermittelt die Mitgliedschaft aber nicht. Ähnliches gilt auch für Kreditanstalten des öffentlichen Rechts.
Die Aufteilung des Werts erfolgt bei Kapitalgesellschaften nach dem Verhältnis des Nennbetrags der jeweiligen Anteile zum Nennbetrag des insgesamt vorhandenen Nennkapitals (Grund- oder Stammkapital ohne Aufgeld) der Gesellschaft. Nach dem sich hieraus ergebenden Schlüssel bzw. Prozentsatz ist der gemeine Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft am Bewertungsstichtag auf die einzelnen Gesellschafter aufzuteilen, § 97 Abs. 1b BewG. Dies gilt auch dann, wenn das Nennkapital noch nicht vollständig eingezahlt ist. Richtet sich die Beteiligung am Vermögen und am Gewinn der Gesellschaft aufgrund einer abweichenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung nach der jeweiligen Höhe des eingezahlten Nennkapitals, bezieht sich der gemeine Wert aber nur auf das tatsächlich eingezahlte Nennkapital (§ 97 Abs. 1b S. 3 BewG). Entscheidend ist also jeweils die konkrete Vereinbarung in Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag.
Rz. 13
Die Ermittlung des Werts der Gesellschaft ist unabhängig davon, ob bzw. in welchem Umfang diese eigene Anteile hält. Allerdings sind die eigenen Anteile im Rahmen der Aufteilung nach § 97 Abs. 1b BewG entsprechend zu berücksichtigen. D.h. sie müssen mit ihrem Nennbetrag vom Wert des "gesamten Nennkapitals", zu dem die jeweils zu bewertende Beteiligung ins Verhältnis gesetzt wird, abgezogen werden.
2. Ausnahme: vom Nennkapital abweichende Aufteilung (Abs. 1b S. 4)
Rz. 14
Wie atypisch gestaltete Verträge, z.B. von der Beteiligung am Nennkapital abweichende Gewinn- oder Liquidationserlösverteilungsabreden, zu berücksichtigen sind, ist trotz der Einfügung von § 97 Abs. 1b S. 4 BewG nicht abschließend geklärt. Für Bewertungsstichtage bis zum 31.12.2015 konnten im Rahmen der Aufteilung nach § 97 Abs. 1b BewG a.F. derartige Gesichtspunkte keine Berücksichtigung finden. Dies hat sich durch die Einfügung eines Satzes 4 an § 97 Abs. 1b BewG für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 geändert. Allerdings enthält weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung klare Vorgaben, wie die Berücksichtigung auf den Anteilswert durchschlagender atypischer Gesellschaftsvertragsgestaltungen praktisch erfolgen soll.
Rz. 15
Außerdem gilt die von den Beteiligungen am Nennkapital abweichende Bewertung nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für solche Vertragsklauseln, die nicht als "ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse" i.S.v. § 9 Abs. 2 und 3 BewG zu qualifizieren sind. Insbesondere disquotale Stimmrechtsverteilungen, Stimmrechtsbeschränkungen, Verfügungsbeschränkungen und Vinkulierungsklauseln sowie Thesaurierungsverpflichtungen bzw. Ausschüttungsbeschränkungen finden daher nach wie vor im Rahmen der Bewertung keine Berücksichtigung.
Rz. 16
In den – schmalen – Anwendungsbereich von § 97 Abs. 1b S. 4 BewG fallen aber (nach dem Wortlaut) vom Verhältnis der Nennkapitalbeteiligungen zueinander abweichende Gewinnverteilungsschlüssel und (nach zutreffender Auslegung) abweichende Beteiligungen am Liquidationserlös. Die konkreten Auswirkungen solcher Satzungsklauseln auf die Wertaufteilung sind, wie erwähnt, gesetzlich nicht geregelt. Insoweit kommen unterschiedliche Ansätze in Betracht. Die Finanzverwaltung unterscheidet insoweit wie folgt:
Rz. 17
Für den Fall der Vereinbarung eines von den Kapitalanteilen abweichenden Gewinnverteilungsschlüssels soll eine zweistufige Aufteilung des Gesamtwerts der Kapitalgesellschaft auf die Gesellschafter greifen. Dabei soll sich bis zur Höhe des Substanzwerts die Aufteilung nach dem Verhältnis der Beteiligungen am Nennkapital richten. Ein den Substanzwert übersteigender Rest-Unternehmenswert (z.B. der nach Abzug des Substanzwerts verbleibende Teil des Ertragswerts) ist anschließend na...