Rz. 39
§ 12 Abs. 2 BewG regelt die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Diesbezüglich wird auf § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BewG verwiesen. Bei diesem handelt es sich jedoch nur um eine Verfahrensvorschrift, derzufolge der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nicht an einer Börse notiert sind (§ 11 Abs. 2 BewG), gesondert festzustellen ist (§ 179 AO). Der für die Feststellung maßgebliche Stichtag ergibt sich gem. § 12 Abs. 2 ErbStG aus § 11 ErbStG; es handelt sich also um den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer.
Rz. 40
Wie der Verweis auf § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BewG verdeutlicht, enthält § 12 Abs. 2 ErbStG eine Sonderregelung lediglich für solche Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht börsennotiert sind. Soweit nämlich ein Börsenkurs – am Stichtag oder innerhalb der letzten 30 Tage vor dem Stichtag – festgestellt werden kann, richtet sich die Bewertung nach § 11 Abs. 1 BewG, bei dem es sich nach seiner Stellung im Gesetz um eine "allgemeine Bewertungsvorschrift" handelt, auf die bereits § 12 Abs. 1 ErbStG verweist.
Rz. 41
Wegen der Einzelheiten der Bewertung von Kapitalgesellschaftsanteilen wird auf die Kommentierung zu § 11 BewG verwiesen.
Rz. 42
Besonderheiten bestehen im Hinblick auf Gewinnausschüttungsansprüche bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Insoweit ist wie folgt zu differenzieren:
Bei Erwerben von Todes wegen sind Dividendenansprüche, die auf bereits vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung gefassten Ausschüttungsbeschlüssen beruhen, gesondert, also neben den etwa vererbten GmbH-Geschäftsanteilen, anzusetzen. Wird der Gewinnverwendungs- bzw. Ausschüttungsbeschluss erst später gefasst, kommt ein gesonderter Ansatz des Dividendenanspruchs demgegenüber nicht in Betracht. Soweit dem Erblasser aufgrund eines Nießbrauchrechts an GmbH-Geschäftsanteilen Gewinnansprüche zustanden, gehen diese – anders als das Nießbrauchrecht selbst – mit dem Tod auf seine Erben über. Sie sind auch dann bei diesen als Erwerb von Todes wegen zu erfassen, wenn am Besteuerungsstichtag die Bilanz der GmbH noch nicht erstellt oder der entsprechende Gewinnverwendungsbeschluss noch nicht gefasst ist.
Rz. 43
Bei Schenkungen unter Lebenden sind unterschiedliche Szenarien denkbar: Wurde vor Ausführung der Schenkung ein Ausschüttungsbeschluss gefasst, steht der Dividendenanspruch im Regelfall – auch nach Schenkung bzw. Abtretung der entsprechenden Anteile – dem Schenker zu. Wird er (neben oder auch unabhängig von dem Anteil selbst) übertragen, bildet er als solcher einen schenkungsteuerlich relevanten Erwerbsgegenstand. Noch nicht ausgeschüttete Gewinne des Geschäftsjahres, in dessen Lauf eine Schenkung fällt, sind gem. § 101 Nr. 2 Hs. 2 BGB grundsätzlich zeitanteilig zwischen dem Schenker und dem Beschenkten aufzuteilen. Dies gilt zivilrechtlich allerdings allein für das Innenverhältnis. Im Außenverhältnis ist der Eigentümer der Gesellschaftsanteile im Zeitpunkt der Fassung des Ausschüttungsbeschlusses dividendenberechtigt. Soweit der dem Schenker von Gesetzes wegen zustehende Ausgleichsanspruch tatsächlich erfüllt wird, ist dies bereicherungsmindernd zu berücksichtigen. Der Nennbetrag der Ausgleichszahlung (auf weitergeleitete Dividenden) kann vom steuerlich maßgeblichen Wert der verschenkten Anteile abgezogen werden. Vereinbaren Schenker und Beschenkter demgegenüber, dass eine Aufteilung nach § 101 Nr. 2 Hs. 2 BGB nicht erfolgen und Ausgleichszahlungen nicht geleistet werden sollen, bleibt es beim (ursprünglichen) Wertansatz für die verschenkten Geschäftsanteile. Eine gesonderte Berücksichtigung des (ersparten) Ausgleichsbetrages findet nicht statt.