Rz. 8
Über § 5 Abs. 1 S. 1 ErbStG kommt eine Steuerfreistellung der Zugewinnausgleichsforderung nur in Betracht, wenn der Zugewinn nicht nach § 1371 Abs. 2 BGB ausgeglichen wird. Bei einem Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 2 BGB greift § 5 Abs. 2 ErbStG ein. § 5 Abs. 1 S. 1 ErbStG setzt daher zusätzlich voraus, dass ein erbrechtlicher Ausgleich des Zugewinns gem. § 1371 Abs. 1 BGB erfolgt. Bei dem erbrechtlichen Zugewinnausgleich wird nicht tatsächlich die Zugewinnausgleichsforderung berechnet, sondern aus Vereinfachungsgründen der Erbteil des überlebenden Ehegatten bzw. Lebenspartners neben anderen gesetzlichen Erben pauschal um ein Viertel erhöht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Überlebende tatsächlich einen Zugewinnausgleichsanspruch innehatte oder nicht, und ob es sich bei dem ererbten Vermögen um während der Ehe erwirtschaftetes ausgleichspflichtiges Vermögen oder um in die Ehe eingebrachtes ausgleichsfreies Anfangsvermögen handelt.
Rz. 9
Das Erbschaftsteuerrecht vollzieht diese Vereinfachung durch das BGB nicht nach, sondern will den begünstigten Ehegatten bzw. Lebenspartner bei einer Güterstandsbeendigung durch Tod des Partners mit einer Güterstandsbeendigung zu Lebzeiten gleichstellen. Da die lebzeitige Zugewinnausgleichsforderung unstreitig keine unentgeltliche Bereicherung des anspruchsberechtigten Partners darstellt, ist auch ein entsprechender Betrag bei einer Güterstandsbeendigung durch Tod von der Besteuerung auszunehmen. Die vom Gesetzgeber angestrebte Gleichbehandlung der Beendigung der Zugewinngemeinschaft zwingt damit zur Berechnung einer fiktiven Ausgleichsforderung für den Fall, dass der Güterstand durch Tod eines Partners beendet wird und der überlebende Ehegatte bzw. Lebenspartner den pauschalen erbrechtlichen Ausgleich wählt, ohne dass es tatsächlich zu einem güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns kommt.
Rz. 10
Der erbrechtliche Ausgleich durch pauschale Erhöhung des Erbteils um ein Viertel setzt voraus, dass der überlebende Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner gesetzlicher Erbe des Verstorbenen neben anderen gesetzlichen Erben geworden ist. Ist der Überlebende dagegen durch gewillkürte Erbfolge (mittels Testament oder Erbvertrag) als Erbe eingesetzt bzw. erhält er lediglich ein Vermächtnis, ist der Zugewinn ebenfalls abgegolten. Es kommt lediglich nicht unmittelbar zur pauschalen erbrechtlichen Erhöhung des Erbteils. Die erbrechtliche Lösung wirkt sich vielmehr mittelbar erhöhend auf seine Pflichtteilsquote aus und reduziert damit zugleich die Pflichtteilsansprüche anderer Pflichtteilsberechtigter. Denn der Pflichtteil berechnet sich aus der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, § 2303 BGB. Durch diese Pflichtteilserhöhung kann der Überlebende aber ggf. neben dem Erbe bzw. Vermächtnis einen Zusatzpflichtteil (§§ 2305, 2307 BGB) verlangen bzw. können Beschränkungen durch Testamentsvollstreckung, Vermächtnis oder Auflagen entfallen, § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB. Durch die Abgeltung des Zugewinnausgleichsanspruchs infolge der gewillkürten Erbeinsetzung steht dies der gesetzlichen Erbenstellung gleich, bei der der Zugewinnausgleich pauschal über die Erhöhung um ein Viertel erfolgt.
Rz. 11
Voraussetzungen für § 5 Abs. 1 S. 1 ErbStG sind daher:
1. |
Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Tod des Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartners; |
2. |
der überlebende Ehegatte ist aufgrund gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge Erbe oder Vermächtnisnehmer geworden; |
3. |
er hat die Erbschaft und/oder das Vermächtnis nicht ausgeschlagen. |